: BVG: Alle sitzen in einem Bus
Trotz überhöhter Managergehälter bei der BVG bleibt der Aufschrei aus. Sarrazin segnete die Verträge ab. SPD will Bericht der BVG abwarten. Mitarbeiter sauer
Mentalitätswechsel? Ach, was! Auf diese Formel könnte man die Reaktionen in der rot-roten Senatskoalition auf die Forderung der Grünen nach einem Untersuchungsausschuss zur jüngsten BVG-Affäre bringen. Der verkehrspolitische Sprecher der SPD, Christian Gaebler, winkt ab. Zunächst müsse man die Antwort der BVG auf die Vorwürfe abwarten, so Gaebler gestern. Und seine PDS-Kollegin Jutta Matuschek warnte vor übertriebenem Aktionsimus. Allerdings solle die BVG so schnell wie möglich zu den Vorwürfen Stellung nehmen.
Wie berichtet, hat der Rechnungshof in einem internen Schreiben die explosierenden Managergehälter der BVG kritisiert. Während die Anzahl der Beschäftigten in den Jahren von 1994 bis 2002 von 22.965 auf 13.162 zurückgegangen sei, habe sich die Zahl der außertariflich bezahlten Mitarbeiter, im Unternehmen AT-Mitarbeiter genannt, von 8 auf 78 erhöht und damit fast verzehnfacht.
Bis in die dritte Führungsebene hinein würden in dem landeseigenen Unternehmen im Vergleich zum öffentlichen Dienst völlig überhöhte Gehälter bezahlt. Gleiches gelte für die Überlassung von Dienstwagen, auch für Familienangehörige und zum privaten Gebrauch. Inzwischen hätten die Gesamtbezüge der AT-Angestellten bei der BVG durchweg eine Größenordnung erreicht, die sich nicht mehr rechtfertigen lasse, kritisiert der Landesrechnungshof in seinem Schreiben. Im Rahmen der aktuellen Sanierungsbemühungen stelle die BVG derzeit Überlegungen zur Verringerung der Personalaufwendungen an. Der Landesrechnungshof erwartet nun, „dass sie die AT-Angestellten hierbei in vollem Umfang mit einbezieht“.
Während der grüne Abgeordnete Michael Cramer eine vorbehaltlose Aufklärung der Vorgänge forderte, ließ sich Finanzsenator Thilo Sarrazin mit der Bemerkung zitieren, dass alle Mitarbeiter bei der BVG adäquat bezahlt werden sollten. Offenbar ist es aber der Finanzsenator selbst, der entscheidet, was adäquat ist und was nicht. Nach Informationen der taz haben BVG-Vorstandschef Andreas von Arnim und Thilo Sarrazin als Aufsichtsratsvorsitzender der BVG die entsprechenden Verträge ausgehandelt. Nicht nur bei der BVG gibt es also einen Mentalitätswechsel nicht, sondern auch nicht beim Finanzsenator.
Umso erstaunlicher ist es, dass gestern nicht nur SPD und PDS, sondern auch die Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat erstaunlich verhalten reagierten. Zurückhaltung übte Personalratschef und Aufsichtsratsmitglied Uwe Nitzgen. Zu den Arbeitsverträgen einzelner Mitarbeiter könne er sich öffentlich nicht äußern, selbst wenn er sie kennen würde. Nitzgen lenkte vielmehr das Augenmerk auf die Verantwortung der Politik. Seit zehn Jahren hätten die Senatsvertreter, bis auf die FDP von allen derzeit im Abgeordnetenhaus vertretenen Parteien gestellt, in der Gewährträgerversammlung Einfluss auf den Umgang mit den AT-Mitarbeitern nehmen können.
Kritik kam immerhin von Frank Bäsler, der für die Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di im Aufsichtsrat der BVG sitzt. „Die Mitarbeiter sind stinksauer.“ Zwar könne man einen Direktor nicht bezahlen wie einen Sachbearbeiter, aber die AT-Vergütungen passten nicht in die Landschaft. Manche der nun kursierenden Zahlen seien geradezu abenteuerlich. „Das fördert nicht die Bereitschaft der Mitarbeiter, zu verzichten.“ Bäsler will nun das Ganze im Aufsichtsrat zum Thema machen. Bislang seien die AT-Vergütungen an diesem Gremium vorbei entschieden worden. Bäsler: „Das geht so nicht.“ ROT, WERA