Menscheln mit Wurstbrot

Die heißeste Homepage des Wahlkampfes ist am Netz: Auf www.perschau.de verrät der CDU-Spitzenkandidat, durch welche Täler auch Politiker seines Formats schreiten müssen

taz ■ Politiker sind auch nur Menschen. Wie schön das Menscheln sein kann, zeigt derzeit am besten Hartmut Perschau. Der CDU-Spitzenkandidat und Finanzsenator, den bei einer Direktwahl nur 41 Prozent der CDU-Wähler als Bürgermeister wollten (Henning Scherf: 47 Prozent) legt sich kurz vor dem 25. Mai bannig ins Zeug, sein – vorsichtig ausgedrückt – staubiges Image abzustreifen. Gerne verrät Perschau so im „großen Kandidatentest“ der Bild Bremen, dass „Wurstbrot“ Hartmuts „größtes Laster“ ist. Oder, dass er zuletzt ein „Buch über Radwanderwege“ gelesen hat.

Perschaus größter Menschel-Coup ist jedoch ohne Zweifel seine jüngst freigeschaltete Homepage: der Surf-Tipp des Monats, die heißeste URL des ausgehenden Wahlkampfs. Perschau-Fans, die quasi alles über Wurstbrote wissen wollen, empfängt Perschau jetzt jovial und Arme schwenkend auf www.perschau.de.

Hier erfährt man alles über „Erfahrung und Erfolg“ des Majors im Ruhestand, der 1995 in Bremen als Wirtschaftssenator anfing. Logisch, dass das Land heute dank Perschau „zu Deutschlands Spitzenreitern im Wirtschaftswachstum“ gehört.

Klar wird aber auch, dass selbst Berufspolitiker von Perschaus Format auch mal tiefe Täler durchschreiten müssen. So wird der User damit konfrontiert, dass es sich Hartmut Perschau „trotz des aktuellen Wahlkampfes“ „nicht nehmen ließ, auch in diesem Jahr persönlich Lose der Bürgerpark Tombola an die Bremerinnen und Bremer zu verkaufen“. Und endlich tritt auch ans Licht der Welt, dass „Bürgermeister Hartmut Perschau“ jüngst „einen alten Hamburger Weggefährten“ traf: Mit Uwe Seeler sei „einer der letzten wahren Strafraumkönige in den Bacchuskeller des Ratskellers gekommen“.

Unter dem Stichwort „Termine“ wirkt Perschau sogar richtig locker – und legt die lästige Krawatte ab. Vielleicht ist er so auch am Mittwoch „für einen guten Zweck vor der Vitalis Apotheke“ geradelt. Am Donnerstag hat er „Dr. Angela Merkel“ in Bremerhaven und in Vegesack getroffen. Am Freitag führte Perschau die Schüler-Union Bremen durch das Rathaus, um am Sonntag die „Spieletreff-Saison“ im Bürgerpark zu eröffnen.

Unter dem Link „Persönliches“ legt sich Perschau endlich einen roten Pulli um die Schultern, an den sich Hundelady Lilly schmiegt. Lilly – noch eine perschausche Menschelwaffe. Mit dem ja tatsächlich knuffigen Hündchen ging er auf jeden Fall am Wochenende auf dem CDU-Wahlkampf-Basar vor dem Rathaus auf Kundenfang. Zwischen Riesen-Hüpfburg und Rossbratwurst-Stand sahen wir Perschau mit Lilly beim Wähler anbandeln.

Zurück zur Homepage. Dort erfahren wir, dass Perschau „seine ohnehin knappe Freizeit“ am liebsten mit Ehefrau Heike verbringt. Das Ehepaar Perschau würde gern radeln, sei aber auch oft im Weserstadion anzutreffen. „Häufige Spaziergänge mit Hund Lilly runden für die Perschaus die bevorzugten Freizeitaktivitäten ab.“

Wenn doch nur Henning Scherf auch eine eigene Homepage hätte. Aber leider wirbt unter www.henning.de nur Henning Berlin, ein „Spezialist für Schilddrüsenerkrankungen und Osteoporose“, unter www.scherf.com sucht scherf.music nach neuen Gesangstalenten. Und unter www.scherf.de klären Marc und Nadine Scherf über den „Ursprung des Namens Scherf“ auf, nämlich das Scherflein.

Frei ist noch die URL www.henning-scherf.de. Hier könnte der Bürgermeister im Gleichklang mit seinem Kollegen Perschau in der Bild über den „größten Fehler in der letzten Legislaturperiode“ räsonieren. Perschau meinte dort, das sei wohl, zu „wenig gegen die Miesmacher“ getan zu haben.

Kai Schöneberg