: „Schministim“ nicht länger in Militärhaft
Angehörige der israelischen Kriegsdienstverweigerer berichteten im Europaparlament über verbesserte Haftbedingungen. Einer der Inhaftierten, die Scharons hartes Vorgehen gegen die Palästinenser ablehnen, sitzt seit 500 Tagen hinter Gittern
AUS JERUSALEM SUSANNE KNAUL
Auf große Sympathie bei den Abgeordneten des Europaparlaments stieß eine Delegation aus Israel, die über Militärdienstverweigerer aus Gewissensgründen, die so genannten „Schministim“ (Initialwort für Gymnasiasten, die aus Gewissengründen verweigern) berichtete.
Die vier Vertreter, darunter Doron Matar, dessen Sohn Hagai seit fast 500 Tagen hinter Gittern sitzt, weil er den Dienst an der Waffe im besetzten Gebiet ablehnt, kritisierten in Straßburg das „doppelte Spiel der israelischen Regierung“. Diese präsentiere „sich selbst als einzige Demokratie im Nahen Osten“ und werfe gleichzeitig „die Verweigerer aus Gewissensgründen ins Gefängnis“.
Nach Angaben der israelischen Armee haben im vorigen Jahr nur 18 Reservisten und 8 Offiziere den Dienst mit der Waffe verweigert und wurden zu Haftstrafen verurteilt. Dagegen spricht die Verweigererorganisation „Jesch Gwul“ („Es gibt eine Grenze“) von 76 Soldaten, darunter 11 Offizieren. Die Zahl der Abiturienten, die dem Beispiel der 5 ersten Schministim folgen wollen, liege inzwischen bei über 500. Anat Matar, Mutter des „Schministen“ Hagai, hofft, dass die Europaparlamentarier „das Thema zur Sprache bringen werden, wenn sie mit israelischen Politikern zusammentreffen“.
Seit ein paar Tagen ist Hagai unter „zivilen Bedingungen“ inhaftiert, wie seine Mutter sagt. Die Neuankömmlinge waren in der zivilen Haftanstalt zunächst in überfüllte Zellen eingeschlossen worden, die sie täglich nur für eine Stunde verlassen durften. Nach Intervention von Knesset-Abgeordneten und einer Flut von Protestanrufen beschleunigte die Gefängnisverwaltung die Verlegung der fünf Männer.
„Wir werden bestraft, weil wir die Wahrheit sagen“, meinte Hagai im Lauf der Verhandlung. Angesichts der „Kriegsverbrechen“ könne er nicht Stillschweigen wahren, „auch wenn ich einen hohen Preis dafür zahlen muss“.
Hagai ist nun mit zweien seiner Mitstreiter in der gleichen Abteilung des Massiahu-Gefängnisses in der Nähe von Ramle inhaftiert. „Sie können tagsüber zusammen sein“, berichtet seine Mutter. Einmal pro Woche können sie eine halbe Stunde lang Besuch empfangen. Darüber hinaus sind Gespräche über ein öffentliches Telefon möglich, Kontakt zu Journalisten ist ihm hingegen verboten. Hagai hat sich inzwischen an der Offenen Universität eingeschrieben und unterrichtet nebenbei junge Mithäftlinge, die erst vor kurzem nach Israel eingewandert sind.
Die Verlegung in eine zivile Strafanstalt war von den fünf Verweigerern zunächst abgelehnt worden: „Wenn wir nicht in einen militärischen Rahmen und in die militärische Disziplin passen, sollte die Armee uns aus dem Militärgefängnis entlassen, statt uns in ein Zivilgefängnis zu stecken“, war ihr Argument. Die Entscheidung, die fünf jungen Männer zu verlegen, folgte dem Antrag des Kommandanten, der klagte, dass die Anwesenheit der „politischen Aktivisten“ die Disziplin und Ordnung in dem Militärgefängnis unterminiert habe.