: Drahtesel, vereinzelt
Betreiber der neuen Radstation am Bahnhof auf der Suche nach Akzeptanz: Die Benutzung kostet im Moment noch nix und sonntags bleibt das Parkhaus bis 22 Uhr geöffnet – testweise
taz ■ Die Stimmung ist schlecht: „Total unverschämt“ findet es Vanessa Hartmann, dass seit vergangenem Wochenende die rund 600 Fahrradbügel auf dem Bahnhofsvorplatz langsam aber sicher verschwinden. Das Schild, das die RadlerInnen darauf aufmerksam machen soll, hatte sie bislang nicht gesehen. Auf den Hinweis, dass die Fahrradplätze unter der Hochstraße erhalten bleiben, reagiert die Pendlerin gereizt: „Ja super! Unter der Hochstraße ist es abends sehr unangenehm.“ Die 70 Euro Jahresgebühren für einen bewachten Stellplatz sind ihr zu viel.
Auch Thomas Behling wusste noch nichts von der Bügeldemontage. Er schätzt das Radabstellen im Rad-Parkhaus als „viel umständlicher“ ein. Andrew Malcolm fragt sich, was er ohne die Bügel machen soll: „Ich spiele häufiger in Hamburg in der Oper und komme erst kurz vor Mitternacht hier an.“ Weil die Radstation dann geschlossen hat, sieht er sich schon morgens beim Abschließen um einen der Plätze an den Bäumen kämpfen. Hacky Vogt von der 20 Jahre alten Fahrradstation im gelben Container auf dem Bahnhofsvorplatz bestätigt die schlechte Stimmung: „Man kann den Leuten ja nicht vorschreiben, dass sie in das Fahrradparkhaus gehen sollen, nach dem Motto: Friss oder stirb.“
Noch steht die kostenlose Alternative hinlänglich zur Verfügung: Die mit dem Abbau der Radständer beauftragte Firma habe bisher nur die Bügel demontiert, an denen kein Rad mehr festgeschlossen war, erklärt Holger Bruns, Sprecher von Bausenatorin Christine Wischer (SPD). Deshalb würden die Bügel „nicht im gewünschten Tempo“ verschwinden.
Noch ist das Ressort gelassen. Nur wenn der Abbau sich zu lange hinziehen sollte, wird rigider vorgegangen, deutet Bruns an. Dann würden die Fahrradständer inklusive dranhängender Gefährte verschwinden. „Wenn es nicht anders geht“, auch mit geknackten Schlössern, sagt der Behördensprecher. Wer dann seinen fahrbaren Untersatz gestohlen wähnt, sollte im Bauressort nachfragen. Man munkelt, schon am nächsten Wochenende könnte die Galgenfrist für freies Parken auf dem Bahnhofsvorplatz ablaufen.
Unterdessen stehen in der über 1.500 Plätze großen Radstation am fünften Tag nach Eröffnung 37 Fahrräder. Wie die Zahl einzuschätzen sei, wisse er auch noch nicht, sagt Henning Jauns, Geschäftsführer der Fahrrad-Kette B.O.C., die die Station von der Brepark gemietet hat. „Ich muss selbst erst einmal Erfahrungen sammeln“. Damit das Projekt schwarze Zahlen schreibe, hoffe er auf täglich rund 1.000 belegte Plätze. Die möchte er in einem Jahr erreicht haben, sagt Jauns. Solange wirbt er um Akzeptanz, weiß aber auch, dass „die erst kommen wird, wenn die Leute wissen, dass das Ding funktioniert.“ Dass die BremerInnen grimmig reagieren, weil sie das Gefühl haben, nicht mehr frei wählen zu können zwischen unbewachtem aber kostenlosem Parken und bewachtem gebührenpflichtigem, kann der Mann nachvollziehen. Also verteilt die Firma Gutscheine für einmal frei Parken, „damit die Radfahrer nicht die Katze im Sack kaufen müssen“, sagt Jauns. Dass die Radstation nicht 24 Stunden geöffnet sei, liege an den Personalkosten, argumentiert er. Gerade am Bahnhof wolle er die Bewachung durch Menschen und nicht durch elektronische Systeme gewährleisten, weil das Sicherheitsgefühl so höher sei. Wie groß der Wunsch nach längeren Öffnungszeiten ist, will der Geschäftsführer noch in Erfahrung bringen. Gestern sagte er zunächst eine Testphase bis Ende August zu, in der die Station am Sonntagabend bis 22 Uhr geöffnet haben soll. Dann könnten auch die WochenendheimkehrerInnen noch ihren fahrbaren Untersatz abholen.
Ulrike Bendrat