UNO: WER IM KONGO VERSAGT, VERDIENT KEINEN EINFLUSS IM IRAK : Nahost für die USA, Afrika den Europäern
Die Vereinten Nationen verspielen in Afrika den Respekt, den sie anderswo von den USA einfordern. Diese Erkenntnis ist nicht neu, und seit den Dramen von Somalia und Ruanda in den Jahren 1993/94 ist klar, dass die UNO zur Weltexekutive nicht taugt. Aber heute in der Demokratischen Republik Kongo und in der Elfenbeinküste geht die UNO noch weiter: Sie macht sich aktiv überflüssig.
Im Kongo hat die UNO die Zivilbevölkerung nicht vor Massakern beschützt. Jetzt berät der Sicherheitsrat über Konsequenzen. Noch vor einem Ergebnis aber sucht UN-Generalsekretär Kofi Annan nach Teilnehmern an einer robusten Eingreiftruppe. Das französische Außenministerium will über eine entsprechende Anfrage verfügen.
Für Frankreich wäre ein Krisenreaktionseinsatz im Nordosten des Kongo – ein gold- und ölreiches Gebiet von hohem strategischem Wert – die Erfüllung eines Traums, sucht Paris doch seit dem Sturz der ruandischen Völkermörder 1994 und der zairischen Mobutu-Diktatur 1997 danach, seinen früheren Einfluss im Afrika der Großen Seen zurückzugewinnen. Französische Soldaten überwachen bereits den Waffenstillstand in der Elfenbeinküste – ein erst nachträglich vom UN-Sicherheitsrat gebilligter Einsatz, der in Paris als „unser kleiner Irak“ gelobt wird, als Beweis dafür, dass nicht nur die USA zu unilateralen Militäreinsätzen fähig sind. Ähnlich, wenn auch mit deutlich mehr Erfolg, wurde vor ein paar Jahren Großbritannien in Sierra Leone militärisch aktiv. In Sierra Leone hinterließen 16.000 Blauhelme weniger Eindruck als 1.000 Briten; in die Elfenbeinküste schickt der Sicherheitsrat demnächst 26 UN-Soldaten, die neben 4.000 Franzosen stehen sollen. Das sind die wahren Machtverhältnisse zwischen der UNO und den Großmächten.
Wird nun der Kongo zum dritten Schauplatz einer europäischen Militärintervention, bei der UN-Beschlüsse höchstens dekorativen Charakter haben? Spätestens dann hätte Europa jedes Recht auf Kritik am US-Vorgehen im Irak verwirkt. Und dann schält sich eine neue Aufteilung von Einflusssphären heraus: der Nahe Osten für die USA – Afrika für die Europäer. Auch so kann man eine multipolare Welt schaffen. DOMINIC JOHNSON