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Archiv-Artikel

Das Paradies ist nicht für alle Kinder da

Mit einem Zaun will die Kita am Venloer Wall ihren Abenteuerspielplatz vor den neuen Nachbarn schützen - denn die sind Roma. Für den Rom e.V. ist das ein falsches Signal der Ausgrenzung, die Roma überall in Köln zu spüren bekommenvon Susanne Gannott

Stellen Sie sich einen Garten vor, mitten in der Stadt, mit Feuchtbiotop, Kräuterecke und einer Seillandschaft. Ein ideales Spielgelände für Großstadtkids - wenn auch nur für die der Kindertagesstätte am Venloer Wall. Und nicht für „fremde“ Kinder, vor allem wenn es sich um Roma handelt. Getrennt durch einen Zaun, sollen die lieber draußen bleiben: Auf der einen Seite dürfen dann die Kita-Kinder auf dem „Abenteuerspielplatz“ spielen, auf der anderen Seite stehen Roma-Kinder und schauen zu. So wollen es zumindest die Eltern der Kita-Kids. Geht es nach ihnen, soll demnächst ein Zaun den Garten von einer Baracke auf demselben Grundstück abtrennen. Denn in das leer stehende Gebäude zieht bald vielleicht das Projekt “Schaworalle“, das Roma-Kindern und -Jugendlichen mit verschiedenen Angeboten den Weg zu Schule und Ausbildung ebnen soll. Und die Kita-Eltern, die den Garten mit viel Engagement hergerichtet haben, fürchten um ihr kleines Paradies.

Dass die Eltern auf dem Zaun bestehen, bedauert Kurt Holl vom Rom e.V., dem voraussichtlichen Träger von Schaworalle. Dies sei eine „deutliche Materialisierung von Ausgrenzung“, die Roma überall in Köln zu spüren bekämen. Tatsächlich geht es um mehr als die Angst der Eltern, die Stadt wolle der Kita „ihr“ Grundstück wegnehmen. Davon war ohnehin nie die Rede, sagt Klaus-Peter Völlmecke vom Jugendamt. Schaworalle solle die Baracke nur übergangsweise nutzen, bis es in das benachbarte Gebäude des bisherigen Jugendzentrums Sharifeh ziehen könne. Aber auch das macht manchen Angst: So kursierten bis vor kurzem offenbar unter den Kita-Eltern Zettel, in denen vor “den kriminellen Roma“ gewarnt wurde, wie einer der Kita-Väter der taz erzählte.

Um diese Vorurteile abzubauen, hatte sich Kurt Holl vor einer Woche mit der Kita-Leiterin und einigen Eltern getroffen. Im Prinzip sei das Gespräch auch “ganz vernünftig“ verlaufen, sagt Holl, dem sehr an einer gutnachbarschaftlichen Beziehung gelegen ist. Den Zaun habe er den Eltern aber leider nicht ausreden können. „Zur Not können sie ihn haben“, gibt er sich dennoch kompromissbereit. Aber zumindest ein Stück vom Garten müsse Schaworalle auch bekommen, denn „auch unsere Leute brauchen ihren Auslauf“.

Vielleicht ist hier das letzte Wort noch nicht gesprochen. Denn nach dem Gespräch mit Holl klingt auch der Elternrat der Kita versöhnlicher. So heißt es jetzt in einem Brief an OB Schramma: Dass Roma-Kinder im benachbarten Jugendzentrum untergebracht werden sollen, „war zwar für viele Eltern - mangels Information - besorgniserregend, ist aber mittlerweile durchaus vorstellbar“. Und für die Zwischenlösung mit der Baracke fordert man nur noch, „dass unsere Stadt-Kinder ihr kleines Paradies uneingeschränkt weiter nutzen können.“

Ob es überhaupt so weit kommt, wird sich vermutlich morgen im Jugendhilfeausschuss erweisen. Dann soll die Verwaltung offiziell beauftragt werden, für Schaworalle die Räume des Jugendzentrums Sharifeh zur Verfügung zu stellen. Wie der grüne Sozialexperte Ossi Helling der taz sagte, soll die Verwaltung dem Ausschuss dann auch berichten, ob es wirklich zu einem Rechtsstreit mit dem Sharifeh-Verein kommt (taz berichtete), der die Räume offenbar nur „aus Trotz“ nicht aufgeben wolle. Denn da die Stadt dem Zentrum die Gelder gestrichen habe, könne es seinen Betrieb ohnehin nicht mehr lange aufrechterhalten, so Helling.

Sollte die Auseinandersetzung mit Sharifeh jedoch die Übergangslösung mit der Baracke notwendig machen, hofft Helling auf eine Einigung mit der Kita. Es sei „sinnvoll“, dass die das Brachgrundstück für die Kinder nutzbar gemacht habe. Dies gelte aber nur, solange dies nicht mit „wichtigen sozialen Angelegenheiten“ wie dem Schaworalle-Projekt kollidiere.