: Stadtamt völlig von der Rolle
Bei dem Prozess gegen zwei Bremer Malergesellen ohne Meisterbrief macht die Richterin unmissverständlich deutlich, dass sie 67.000 Euro Bußgeld für maßlos hält
Bremen taz ■ Das war wohl nichts mit dem schnellen Geld für Bremens Stadtkasse. Die Behörden der Hansestadt hatten zwei Malergesellen eine Geldbuße in Höhe von jeweils 67.000 Euro aufgebrummt, weil sie angeblich gegen den Meisterzwang verstoßen haben (taz berichtete). Carsten B. und Marco T. sollen von 1998 bis 2001 „als Maler und Lackierer Aufträge in erheblichem Umfang angenommen und ausgeführt haben, ohne die erforderliche Eintragung in die Handwerksrolle vorweisen zu können“. B. und T. hatten sich nur „für das Gewerbe des Holz- und Bautenschützers“ im handwerksähnlichen Verzeichnis der Handwerkskammer eintragen lassen. Gestern nun wurde die Sache vor dem Bremer Amtsgericht verhandelt – und Richterin Ellen Best machte unmissverständlich klar, dass sie das Bußgeld für weit überzogen hält.
„Das Bußgeld sollte ganz erheblich reduziert werden“, sagte Best, die zugab, dass die in dem Bescheid genannte Summe „die beiden Handwerker wohl für immer in den Ruin treiben“ würde. Außerdem hätten die Angeklagten „ja nicht schwarz gearbeitet in dem Sinne, dass sie Steuern hinterzogen oder keine Sozialversicherungsbeiträge gezahlt“ hätten. Andererseits sei das Gericht verpflichtet, bestehende Gesetze anzuwenden – weshalb ein Freispruch „so auf die Schnelle heute sicher nicht geht“, sagte Best. Mit der jüngsten Novelle der Handwerksordnung wollte die Bundesregierung eigentlich den Meisterzwang für Maler und Lackierer aufheben – auf Druck der Union entschied der Vermittlungsausschuss vor einigen Wochen allerdings, dass alles beim Alten bleibe.
In einem Rechtsgespräch mit der Staatsanwältin und den beiden Verteidigern bot die Richterin dem Vernehmen nach an, das Bußgeld dramatisch auf jeweils 5.000 Euro abzusenken. Doch die Verteidiger lehnten einen solchen Deal ab – sie wollen angesichts des „abenteuerlichen Bußgeldbescheids“ Freisprüche erreichen und, wenn es sein muss, den Weg in höhere Instanzen beschreiten.
Weil die Prozessakte den Verteidigern nur unvollständig vorlag, wurde das Verfahren gestern erst einmal vertagt. Bis zu einem neuen Termin soll die Behörde noch einmal konkretisieren, mit welchen ihrer vielfältigen Arbeiten die beiden Maler denn nun konkret gegen den Meisterzwang verstoßen haben. jox