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Archiv-Artikel

„Politischen Preis für Krieg in die Höhe treiben“

Am Samstag wird weltweit gegen Krieg und Besatzung demonstriert, auch in Köln. Protest gegen Krieg und gegen Sozialabbau gehört zusammen, sagt der Kölner Gewerkschafter Thies Gleiss. Er fordert Streik gegen die Kriegseinsätze

Herr Gleiss, warum gehen Sie als Gewerkschafter morgen „gegen Krieg und Besetzung des Irak“ auf die Straße?

Thies Gleiss: Weil es einen engen Zusammenhang gibt zwischen der Sparpolitik mit der Agenda 2010 und dem Versuch, unter Einsatz militärischer Mittel eine neue Weltordnung aufzubauen, in der Deutschland seinen angestammten Platz haben soll: Es geht darum, den Standort Deutschland und die internationale Wettbewerbsfähigkeit deutscher Konzerne zu stärken, um auf allen Märkten der Welt ein entscheidendes Wort mitreden zu können. Dazu gehört auch, die Konkurrenzfähigkeit zu verbessern, indem zum Beispiel die Kosten der Arbeit, die Löhne, gesenkt werden. Das ist der große Zusammenhang. Dann gibt es natürlich auch noch einen materiellen Zusammenhang: Rüstung kostet Geld, das durch Umverteilung und Sparpolitik wieder reingeholt werden muss.

Wird es gelingen, am 20. März wieder so viele Menschen wie vor einem Jahr auf die Straße zu bringen, als in Köln Zehntausende gegen den Krieg demonstrierten?

Wohl eher nicht, da muss man schon realistisch sein. Die Friedensbewegung ist allerdings wie ein schlafender Riese. In dem Moment, wo sie gefordert ist, organisiert sie auch sehr schnell massenhafte Demonstrationen.

Trotzdem ist es ist wichtig, dass die Demonstration am 20. März, aber noch mehr die Demonstration der Gewerkschaften am 3. April gegen Sozialabbau große Erfolge werden. Aus meiner betrieblichen Erfahrung weiß ich, wie wenig Vertrauen die Menschen in irgendeine politische Kraft in dieser Gesellschaft haben. Wenn die Gewerkschaften sich nicht der Agenda 2010 und der Militarisierung entgegenstemmen, dann verpassen sie die Chance, dieses Vertrauen wiederzugewinnen und in der Gesellschaft noch ein entscheidendes Wörtchen mitreden zu können.

Werden am Samstag auch, wie auf anderen Friedensdemos, „10 Euro für den irakischen Widerstand“ gesammelt, die womöglich Anhängern des Saddam-Regimes zufließen?

Das glaube ich nicht. Ich habe an einer Veranstaltung in Köln teilgenommen, da war die Initiative „10 Euro für den irakischen Widerstand“ sehr isoliert und wurde unter anderem von irakischen Gruppen hart kritisiert, die schwer unter dem Saddam-Regime gelitten hatten und froh sind, dass es jetzt weg ist.

Was kann Protest gegen Sozialabbau und Krieg bewirken?

Wir können den politischen Preis für Kriege in die Höhe treiben. Was in Spanien passierte, wird wahrscheinlich auch die Bush-Regierung bei den nächsten Wahlen erleben. Wenn wir erreichen, dass weniger Geld für militärische Einsätze ausgegeben wird, steht auch mehr für Soziales zur Verfügung. Das erreichen wir aber nur, wenn wir in die Betriebe und in die gesellschaftlichen Institutionen gehen, wo wirklich gesellschaftliche Macht ausgeübt wird. Der Deutsche Gewerkschaftsbund sollte sich nicht scheuen, auch zu Arbeitsniederlegungen aufzurufen, um militärische Auslandseinsätze zu verhindern. Interview: Dirk Eckert