: Grundsolides Stammgeschäft bei der Allianz
Aber die Tochter Dresdner Bank verschlingt Milliarden Euro. Versicherungskonzern Allianz AG legt Bilanz vor
HAMBURG taz ■ Vor allem die Dresdner Bank bereitet Allianz-Boss Michael Diekmann in seinem ersten Amtsjahr Sorgen. Sowohl das Kreditgeschäft als auch der Handel mit Wertpapieren kriseln. Unter dem Strich erwirtschaftete die traditionell zweitgrößte deutsche Bank, die zum Allianz-Konzern gehört, ein Minus von fast drei Milliarden Euro. Dieser Fehlbetrag verschlingt den gesamten Ertrag aus dem Kreditgeschäft der Dresdner und geht weitgehend auf Rechnung der Allianz AG – kein Anlass für gute Nachrichten bei der Bilanz-Veröffentlichung der Versicherung gestern in München. Wenig Freude bereitet Diekmann auch die Tatsache, dass die gern beschworenen Synergieeffekte zwischen Bank und Versicherung schwach blieben: Kaum ein Allianz-Vertreter verkauft Fonds und Darlehen. Obendrein werfen die ausländischen Tochtergesellschaften zu wenig Gewinn ab, und die Börsenkrise ein großes Loch hinterlassen.
Wie Commerzbank, Hypo-Vereinsbank und Münchener Rückversicherung begradigt Diekmann jetzt die Bilanz. Die Altlasten sollen Vorgänger Schulte-Noelle belasten. Die Bilanz rettete der Verkauf von 40 Prozent der Beiersdorf-Aktien („Nivea“), was 2,8 Milliarden Euro einbrachte. Ohne diesen Deal hätte Diekmann gestern nicht 1,6 Milliarden Gewinn präsentieren können, sondern das zweitschlechteste Ergebnis seit 1890 (2002: 1,2 Milliarden Verlust). Das Dresdner-Bank-Leck soll bald geschlossen werden. Seit dem Jahr 2000 hat sich die Dresdner bereits von 11.000 Mitarbeitern getrennt, weitere 4.700 sollen noch folgen.
Unterm Strich erwirtschaftete die Allianz ein dickes Plus bei Schaden- und Unfallversicherungen. Keineswegs selbstverständlich, denn gerne bieten Sachversicherungen ihre Verträge unter Kostenpreis an, quasi als Einstiegsdroge für lukrative Lebensversicherungen. Einer von fünf neuen Verträgen wird in Deutschland bei der Allianz abgeschlossen. Tendenz weiter steigend, denn in unsicheren Zeiten drängt es die Kundschaft in die Arme des Kapitalstarken, auch wenn deren Produkte üblicherweise nicht zu den verbraucherfreundlichsten gehören.
Im Versicherungsgeschäft steigerte die Allianz ihre Beitragseinnahmen um knapp drei Prozent auf sagenhafte 85 Milliarden Euro. Aber bei aller Globalisierung bleibt die Allianz ein deutsch-europäischer Local Hero mit weltweiten Ambitionen. Etwa 50 Prozent der Beiträge werden in Deutschland angelegt, ein weiteres Drittel im übrigen Europa. Dabei helfen vor allem die französische AGF und die italienische RAS, beide in ihren Stammländern Branchengrößen. Zusammen mit der eng verzahnten Münchener Rück, der weltgrößten Versicherung der Versicherungen, zu der die Ergo-Versicherungsgruppe (Hamburg-Mannheimer, Victoria) gehört, und in dezenter Freundschaft zur Deutschen Bank scheint eines der Flaggschiffe der „Deutschland AG“ intakter als oftmals angenommen.
HERMANNUS PFEIFFER