Hamburg, meine Perle

0:3 in Gladbach: Der HSV ist ein echter Hanseat. Er bleibt lieber daheim, statt irgendwo in der rheinischen Provinz die Nachmittage zu verkicken

Die HSV-Verteidiger gingen ihrem Nebenjob als Therapeuten der geschundenen Gladbacher Seele mit Verve nach

von PETER AHRENS

Jeder weiß das: Hamburger verlassen ihre Stadt nicht gerne. Einmal hier aufgewachsen, bleiben sie am liebsten ihr Leben lang da, sie fühlen sich woanders einfach nicht wohl. Warum soll es dem Erstligaclub dieser Stadt anders gehen? Der HSV holte sich am Samstag die übliche Auswärtsniederlage ab. Wie schon in Rostock vor 14 Tagen fiel sie mit 0:3 bei Borussia Mönchengladbach wieder reichlich deftig aus.

Dabei kann man HSV-Coach Klaus Toppmöller zumindest nicht vorwerfen, nichts versucht zu haben. Die neue Trikotfarbe Rot strahlte Aggressivität aus. Man hätte es nur den Hamburger Spielern vielleicht auch sagen sollen. Und die Idee, die Leistungsträger auf die Ersatzbank zu setzen und es mit Erstliga-Leichtgewichten zu probieren, ist womöglich auch nicht die richtige, wenn es gilt, in der Fremde zu punkten.

Mit der Aufgabe, es zu richten, waren Leute wie Benjamin oder der Weißrusse Hleb in seinem allerersten Einsatz jedenfalls überfordert, während Hochkaräter wie Romeo und Mahdavikia am Spielfeldrand die Beine hochlegten. Gerade in der ersten Hälfte, als die Pokal-frustrierten und zudem vom Protest der eigenen Fans gedemütigten Gladbacher nichts auf die Reihe bekamen, hätte der HSV mit Spielern wie Mahdavikia eine echte Chance gehabt, dies auszunutzen.

Aber nichts da: Die erste Halbzeit war demnach eine von der Art, nach der sich selbst hartgekochte Fußballanhänger fragen, warum sie mehr als 30 Euro für so einen Mist ausgeben. Bei solchem Niveau ist klar, warum Fußballübertragungen im Kino Konjunktur haben. Dort ist es warm, der Eintritt kostet fünf Euro, und man kann jederzeit ohne Reue aufstehen und gehen.

Aber auch auf dem Bökelberg hat ein Spiel zwei Halbzeiten, und die zweite Hälfte erwärmte zumindest die Gladbach-Fans. Weil Bastian Reinhardt nicht zum ersten Mal in dieser Saison gnädige Mithilfe gewährte und den Ball nach einer guten Stunde Spielzeit dem Luxemburger Jeff Strasser mundgerecht zum Torschuss servierte. In den letzten 30 Minuten durften dann zwar die Sportkameraden Romeo, Takahara und Mahdavikia auch auf den Rasen, doch da war der Drops bereits gelutscht.

Auch in der Folgezeit gingen die HSV-Verteidiger ihrem Nebenjob als Therapeuten der geschundenen Gladbacher Seele mit Verve nach. Einen Abschlag von Gladbach-Torwart Reitmaier ließ Raphael Wicky aufprallen, Borussen-Stürmer Sverkos bedankte sich und machte das 2:0. Da wollte Tormann Stephan Wächter nicht zurückstehen und übte sich beim 3:0 in gelebter Solidarität mit seiner Deckung, indem er bei einem Broich-Freistoß daneben griff.

Übrigens: Nach dem Spiel blieben Hoogma, Wicky und Ujfalusi im Stadion noch im Aufzug stecken. Es geht einfach nicht aufwärts mit dem HSV.

Gladbach: Reitmaier, Asanin (Pletsch), Gaede, Strasser, Carnell, Hausweiler (Broich), Korzynietz, Ulich, Demo, Maric (van Lent), SverkosHSV: Wächter, Hoogma, Ujfalusi, Hollerbach, Wicky, Jarolim, Benjamin (Romeo), Reinhardt, Rahn (Mahdavikia), Hleb (Takahara), BarbarezTore: 1:0 Strasser (61), 2:0 Sverkos (79.), 3:0 Broich (82.)