piwik no script img

Archiv-Artikel

Erpresser auf makabrem Gleis

In Frankreich behauptet die „AZF“-Gruppe, ihre Bomben unter Schienen entfernt zu haben, fordert aber weiter Lösegeld, sonst passiere Anschlag, der Madrid übertreffe

PARIS afp/ap/dpa ■ In Frankreich hat die mysteriöse Erpressergruppe „AZF“ mit Anschlägen gedroht, die mehr Opfer fordern könnten als die Attentate von Madrid. In einem gestern beim Pariser Innenministerium und im Präsidialamt eingegangenen Schreiben erklärten die Erpresser zwar, es gebe „keine Bomben mehr“ an den Bahnstrecken. Sie seien sich „technologischer, logistischer und anderer Schwächen bewusst“ geworden. Das bedeute jedoch keineswegs das Ende der Erpressung: „AZF“ setze ihre Aktionen nur so lange aus, bis sie sich wieder schlagkräftig fühle. Zugleich bestand die Gruppe auf der Zahlung eines Lösegeldes durch die Regierung: Wenn der Staat nicht wie gefordert vier Millionen Dollar und zwei Millionen Euro zahle, werde Frankreich „die traurigen spanischen Rekorde“ übertreffen.

Am Mittwoch war auf der Bahnstrecke Paris–Basel ein Sprengsatz entdeckt und unschädlich gemacht worden, nachdem Sprengstoffexperten bereits am 21. Februar eine erste Bombe in einer runden Plastikdose zur Explosion gebracht hatten. Im ersten Fall war der Fundort des Sprengsatzes von „AZF“ genau angegeben worden. Die Bombe hätte die Schienen auf der Hauptstrecke Paris–Toulouse zerreißen und Einzelteile 25 Meter hoch in die Luft schleudern können. Den zweiten Sprengsatz entdeckte ein Mitarbeiter der Staatsbahnen SNCF bei den seitdem eingeführten Kontrollen am Mittwoch im Schotterbett der Bahnstrecke nahe der Stadt Troyes. Ob diese Bombe ebenfalls „AZF“ zuzuschreiben ist, war zunächst unklar.

Nach eigenen Angaben hatte die „Gruppe AZF“ in ganz Frankreich zehn Sprengsätze unter SNCF-Schienen versteckt und symbolträchtige Orte mit fernsteuerbaren Bomben versehen. Sie verlangte zunächst vier Millionen Dollar und eine Million Euro von der Regierung. Der Fall wurde öffentlich, nachdem Anfang März eine Lösegeldübergabe gescheitert war.

Gestern hatte erneut ein verdächtiger Rucksack auf den Gleisen nahe dem Bahnhof von Montpellier zur zeitweiligen Unterbrechung des Bahnverkehrs geführt. Experten wollten das Gepäckstück unschädlich machen. Vermutlich sei der Rucksack von einem Landstreicher zurückgelassen worden, hieß es.