diplomanden als lehrer : Fachwissen macht noch keinen Lehrer
Die Not ist groß. Dank der Haushaltsmisere werden in Berlin in diesem Jahr nur 100 neue Lehrer eingestellt, für das kommende gilt ein Einstellungsstopp. Solche Maßnahmen sind umso verheerender, als es schon jetzt in einigen Fächern an Lehrern mangelt. Was dem rot-roten Senat fehlt, ist ganz offensichtlich eine langfristige Planung in puncto Lehrerbedarf. Nun versucht er zu improvisieren: Diplomwissenschaftler sollen einspringen und die Lücken schließen – eine Pseudolösung, die zu Lasten der Schüler gehen wird.
kOMMENTAR VON WIBKE BERGEMANN
Dabei geht es nicht um die Frage, wie viele Pädagogikseminare nötig sind, um einen guten Lehrer auszubilden. Der Anteil der Pädagogikveranstaltungen ist auch im Lehramtsstudium nicht gerade hoch. Der durchschnittliche Lehramtskandidat erfährt erst nach rund sechs Jahren Studium, was es heißt, Lehrer zu sein: im Referendariat. Hier entscheidet sich, wer ein guter Lehrer ist. Denn im Schulalltag ist nicht so sehr die fachliche Kompetenz des Lehrers gefragt als vielmehr der gute Draht zu den Schülern. Voraussetzung dafür ist aber, dass jemand aus Überzeugung Lehrer wird.
Genau diese Motivation wird den pädagogikfremden Diplomanden fehlen. Wer als Wissenschaftler oder in der Wirtschaft keinen Job findet, mag gern zum dargebotenen Strohhalm greifen – und ein paar Didaktikkurse nachholen. Die tiefe Überzeugung, die die Basis bilden sollte, wird ihm fehlen. Solchen Quereinsteigern fällt es häufig schwer, ihr Fachwissen auf ein den Schülern verständliches Niveau runterzuschrauben. Nichts aber ist dem Lernen hinderlicher als ein Lehrer, der sich in Fachterminologie ausdrückt.
Daher wäre es gar nicht schlecht, wenn die künftigen Ersatzlehrer mit einen Referendariat ihre Zusatzausbildung beginnen würden. Der Sprung ins kalte Wasser dürfte schülerfremden Wissenschaftlern rechtzeitig vor Augen führen, dass sie als Lehrer nicht geeignet sind.