Bundesrichter trotz Affäre

Richterwahlausschuss wählt Brandenburger Juristen Ulrich Hermann an den BGH

KARLSRUHE taz ■ Der Richterwahlausschuss hat gestern den umstrittenen Brandenburger Juristen Ulrich Hermann zum Richter am Bundesgerichtshof gewählt. Hermann soll vor zwei Jahren als Büroleiter des damaligen Brandenburger Justizministers Kurt Schelter (CDU) eine Amtsrichterin gedrängt haben, den Haftbefehl gegen einen parteinahen Unternehmer aufzuheben.

Insgesamt wurden gestern 16 Richter an BGH, Bundesverwaltungsgericht und Bundesfinanzhof gewählt. Dabei hat der Richterwahlausschuss, dem die Landesjustizminister sowie Vertreter des Bundestags angehören, erstmals einen neuen Wahlmodus angewandt.

Danach müssen alle vorgeschlagenen Kandidaten tatsächlich auf dem Wahlzettel stehen, keiner darf mehr nach Vorgesprächen zurückgestellt werden. Und die Gutachten der Gerichte sollen künftig ausführlich begründet werden. Vor zwei Jahren gab es im Fall des liberalen Lübecker Richters Wolfgang Neskovic den Verdacht, er sei vom BGH nur wegen seiner liberalen Ansichten zur Drogenpolitik herabgestuft worden. Doch Neskovic wurde trotz des negativen Gutachtens gewählt, was zu Forderungen nach einer Reform des Wahlverfahrens führte. Vorsondierungen gibt es jedoch nach wie vor. Für die Union verhandelt der Bundestagsabgeordnete Ronald Pofalla, für die SPD Justizministerin Brigitte Zypries. So wird sichergestellt, dass ein fachlich, regional, politisch und geschlechtlich ausgewogenes Richter-Paket gewählt wird.

Ulrich Hermann hatte von den BGH-Gutachtern eine gute fachliche Beurteilung erhalten. Und aus der Brandenburger Koalition hatten die SPD-Mitglieder im Ausschuss Signale erhalten, dass Hermann trotz der Affäre eine wählbare „Juristenpersönlichkeit“ sei. CHRISTIAN RATH