: Nette Gespräche in der Leere
Schulleiter kritisieren, Sprachuntersuchungen für Vierjährige erreiche die Falschen. Bildungsbehörde kündigt Bilanz für April an, SPD sieht Kita-Mangel als Hauptproblem
Die von Januar bis März abgehaltene Sprachuntersuchung für 16.000 vierjährige Kinder gerät wegen geringer Beteiligung erneut in Kritik. „Die Sache läuft ins Leere, weil die bildungsfernen Schichten nicht erreicht werden“, kritisiert der Harburger Schulleiter Olaf Pahl. „Es kommen die, die eh die Schule auf dem Kieker haben. Da habe ich nette, tolle Gespräche geführt“, zieht der Leiter der Schule Kerschensteinerstraße nach zwei Monaten Bilanz. Doch von 69 angeschriebenen Eltern seien 25 trotz zweimaliger Aufforderung nicht erschienen. Laut Pahl eben jene, deren Kinder eine vorschulische Förderung dringend nötig hätten.
Der 37-Jährige fordert die Behörden jetzt auf, im Sinne der Kinder „Druck zu machen“. So sollte den Eltern, die sich dieser Untersuchung entziehen, das Kindergeld gestrichen werden. Was allerdings bei Sozialhilfeempfängern gar nicht geht, weil deren Kindergeld mit der Hilfe zum Lebensunterhalt verrechnet wird.
„Das Kindergeld zu streichen, würde ich persönlich nicht richtig finden“, erklärt dagegen der Leiter der Harburger Grundschule Grumbrechtstraße, Rainer Kühlke. An seiner Schule sind 25 von 100 angeschriebenen Eltern nicht erschienen. Es handle sich hier um Familien, die einen solchen Schulbesuch „nicht auf die Reihe“ bekämen und Angst vor Behörden hätten.
Kühlke fände es jedoch besser, wenn die Schule Personal für eine „aufsuchende Arbeit“ bekäme. Über mehrere Jahre, so nimmt Kühlke an, wenn sie Sache sich einschleift und die Bevölkerung sich an diesen Schultermin gewöhnt, dürfte es dann eine höhere Beteiligung geben.
„Diese Zahlen sind Einzelfälle, aus denen sich nicht auf alle Schulen schließen lässt“, erklärt der Sprecher der Bildungsbehörde, Alexander Luckow. Die Behörde wolle noch die letzten Märztage abwarten. Im April werde die neue Senatorin Alexandra Dinges-Dierig (parteilos) dann Bilanz ziehen und eine politische Bewertung vornehmen. Schon jetzt erteilte Luckow jedoch möglichen Sanktionen eine Absage: „Unser Grundsatz ist, nicht mit strafbewehrten Mitteln ranzugehen, sondern mit Überzeugung zu arbeiten. Wenn dies noch nicht gelungen ist, müssen wir besser werden.“
Das „Hauptproblem“ sei, kritisiert SPD-Schulexpertin Britta Ernst, dass es in Kitas „viel zu wenige Ganztagsplätze für die Sprachförderung“ gebe. Sie stellte gestern eine umfangreiche Anfrage zur Situation bei der Sprachuntersuchung an den Senat. KAIJA KUTTER