Landebahn um Himmels willen gewollt

Fraport hält den Ausbau des Frankfurter Flughafens für „zwingend notwendig“. Verzögerungen wird es aber geben. Gestern leitete die EU-Kommission ein Verfahren gegen die Planungen ein. Derweil steigen die Passagierzahlen auf Rhein-Main wieder

AUS FRANKFURT AM MAIN KLAUS-PETER KLINGELSCHMITT

Trotz aller Widrigkeiten hält die Frankfurter Flughafengesellschaft Fraport AG am Bau der Landebahn Nordwest im Wald bei Kelsterbach im hessischen Landkreis Groß-Gerau fest. Die Realisierung der Rollbahn sei „zwingend notwendig“, sagte Fraport-Boss Wilhelm Bender gestern auf der Bilanzpressekonferenz des Unternehmens in Frankfurt am Main. Schon in diesem Jahr nämlich würden auf Rhein-Main rund 4 Prozent mehr Passagiere „umgeschlagen“ als noch im krisengeschüttelten Vorjahr: rund 50 Millionen. Und der Trend setze sich fort, prophezeite Bender.

Doch ob die Landebahn wie geplant schon 2007 in Betrieb genommen werden kann, ist inzwischen mehr als nur fraglich. Selbst Bender räumte gestern ein, dass „Verzögerungen nicht ausgeschlossen“ seien. Denn mittlerweile beschäftigen die Planungen auch die EU-Kommission. Und so leitete Brüssel gegen Deutschland gestern ein Verfahren ein. EU-Umweltkommissarin Margot Wallström sieht in den Plänen einen möglichen Verstoß gegen EU-Umweltrecht, weil die Chemiefabrik Ticona nur 700 Meter neben der neuen Nordwestlandebahn liegt. Im Beschluss der Behörde heißt es, dass das Risiko eines Absturzes „nicht hinreichend berücksichtigt“ worden sei. Mitte Februar hatte die Störfallkommission des Bundes den Rollbahnbau bereits für unvereinbar mit Ticona erklärt. Die Bundesregierung hat nun zwei Monate Zeit, gegenüber der EU-Kommission schriftlich Stellung zu nehmen.

Aus Sicht von Fraport-Chef Bender sind die Brüsseler Bedenken leicht auszuräumen. Genau wie der hessische Ministerpräsident Roland Koch (CDU) glaubt er, dass mit sicherheitserhöhenden Baumaßnahmen bei der Ticona das Problem der Überflugsgefährdung aus der Welt geschafft werden könne.

Zur Freude der Aktionäre jedenfalls legte Bender eine Jahresbilanz vor, die sich sehen lassen kann: 115,2 Millionen Euro Gewinn in 2003 – trotz Irakkrieg und Sars. Und das bringt den Aktionären, die im Vorjahr wegen des Desasters der Fraport AG in Manila 2002 leer ausgingen, 44 Eurocent Dividende pro Anteilsschein.

Ob es diese Dividende 2005 auch noch gibt? Die Fraport AG braucht ihre Überschüsse womöglich noch zur Bezahlung einer Phalanx von Rechtsanwälten. Wer sonst sollte die bereits avisierten Klagen gegen den Flughafenausbau von Einzelklägern und Bürgerinitiativen, Städten, Gemeinden und der Ticona abwehren. Zudem wird die Fraport AG dann offenlegen müssen, was die Aktionäre die Zeitverzögerung beim Ausbau tatsächlich kosten wird – Tag für Tag.