Warm & willig

Den Klassenkasper aber wird Lloyd Cole auch weiterhin nicht spielen wollen

Lloyd Cole im Quasimodo, Kantstraße 12a. Dienstag, 27. Mai, 22 Uhr

Der Klassenkasper bleibt immer in Erinnerung, natürlich auch der allseits beliebte und umseitig gehätschelte Klassenstar. Und das Sport-Ass, das einst bei der Auswahl der Fußballmannschaften, die sich dann gegenseitig niedertreten durften, gewissenhaft reihum für die Demütigung der Unscheinbaren, der stillen Hinterbänkler, mit denen so eine Schulklasse eben noch aufgefüllt werden musste, sorgte. Deren Namen aber werden gern vergessen, wie man bei den Jahrgangstreffen später merkt, wenn man wieder vor so einem halbbekannten Gesicht steht.

Wobei das keineswegs so ist, dass die nicht auch mal mit blendenden Zensuren glänzen konnten. Ehrenurkunden zur persönlichen Gefälligkeit. Was im Klassenkampf Popgeschäft gleichermaßen gilt. Da platzierte sich Lloyd Cole etwa durchaus mal in den oberen Rängen der britischen Charts, und Diedrich Diederichsen widmete dem Sänger diese schönen Zeilen: „Er ist (…) ausreichend penetrant (für die Wahrheit): weich, warm und willig (aber nicht als Sünder, sondern als Priester), ich glaube, Mädchen würden ihn gerne quälen und Wim Wenders würde ihn gern das erwachsen gewordene Kind von Harry Dean Stanton und Nastassja Kinski in „Son Of Paris, Texas“ spielen lassen. Klar, dass er mir gefällt.“

Das war im fernen Jahr 1986, als Lloyd Cole noch mit den angehängten Commotions unterwegs war. Inzwischen ist er naturgemäß älter geworden und noch weicher. Musikalisch wandergitarrenmäßiger. Weiter also einer der Stillen und der Leisen, der sich in die zeitlose Zone des gediegenen Singer/Songwritertums zurückgezogen hat. Bei seiner bald erscheinenden neuen Platte „Music in a Foreign Language“ klingt das leicht countryfiziert. Das darf nun als typische Altersweisheit genauso gehört werden wie als verlegene Verbeugung vor dem aktuellen Country-Trend. Wie man möchte. Modisch aber ist Lloyd Cole nicht. Dafür immer noch da. TM