: Glanz gibt es nur auf dem Klo
Größe ist keine Schande mehr, Geld ist aber auch keins mehr da: Das Zeughaus hat seinen neuen Innenhof
Nicht bei allen weckt die frisch herausgeputzte Pracht des barocken Schlüterhofes nur erhabene Gefühle. „Das wird hier die Event-Location für das deutsche Kapital“, knurrt ein Mitarbeiter des Deutschen Historischen Museums, „die machen hier Empfänge für anderthalb Millionen – und für das Museum fallen dabei höchstens ein paar tausend ab.“
Doch solche Töne sind am Donnerstagabend auf der feierlichen Wiedereröffnung des Zeughauses und seines von dem chinesisch-amerikanischen Architekten Ioeh Ming Pei überkuppelten Innenhofes wenig zu hören. Wie sich die Zeiten ändern. Als 1987 der damalige Bundeskanzler Helmut Kohl das Projekt eines deutschen Nationalmuseums durchdrückte, rief er damit in der alten Bundesrepublik noch heftige Polemik hervor. Heute ist Größe keine Schande mehr. Hans Ottomeyer, Generaldirektor des DHM, zieht Vergleiche zum Pariser Louvre: „Ein Pei-Bau bringt doppelt so viele Besucher.“ In Paris sollen mit der Eröffnung der Pei-Pyramide die Besucherzahlen auf 8 Millionen angestiegen sein. Der vor einem halben Jahr eröffnete Anbau des Zeughauses hat schon 400.000 Menschen angelockt.
Nach fünf Jahren Umbauzeit ist jetzt auch der Innenhof wieder zugänglich. Das neue Glasdach, gestaltet nach dem Vorbild einer von 1878 bis 1945 bestehenden Kuppel, bereitete anfangs noch akustische Probleme. Wie ein Parabolspiegel warf es den Schall zurück und erzeugte ein 30-sekündiges Echo. Ein Akustiksegel schafft nun Abhilfe. Noch gibt es im Altbau nichts Historisches zu sehen. Die Dauerausstellung, die zwei Jahrtausende deutsche Geschichte darstellen soll, wird erst 2005 eröffnet. Doch zugänglich sind jetzt wieder die 22 Masken der sterbenden Krieger, die als Hauptwerke europäischer Barockskulptur gelten. Sie stammen von dem Danziger Bildhauer und Architekten Andreas Schlüter, der 1698 am Bau des Zeughauses mitgewirkt hat.
Mit dem Einsturz seines Münzturmes fiel der Baumeister 1706 in Ungnade. Dieses Schicksal teilt Schlüter mit einer anderen Persönlichkeit, deren Name auf dem Festakt nur verhalten anklingt. Allein Hans Ottomeyer übt sich in Vergangenheitsbewältigung: „Es wäre unfair, den Namen von Bundeskanzler Kohl nicht zu nennen, der damals die Mittel zur Verfügung gestellt hat.“ Doch unübersehbar ist der Altkanzler gar nicht anwesend. Und ohne seinen finanziellen Segen kennt die klamme Gegenwart nur noch bescheidenen Luxus: Um die gereichten Käsewürfel und Graubrotscheiben bilden sich hektische Menschentrauben. Musealer Abglanz der fetten Jahre unter Kohl ist allenfalls noch die prunkvolle Ausstattung der sanitären Anlagen im Altbau: Hier spült alles edel und selbsttätig per Lichtschranke.
Eröffnung feiert auch der Museumsladen. Hier ist schon mal zu besichtigen, was die künftigen Besucher mit nach Hause nehmen werden: Z. B. ein Emailleschild mit Frakturaufschrift „Preußischer Amtsvorsteher“ für das Reihenhaus in Castorp-Rauxel. JAN-HENDRIK WULF
Zeughaus und Schlüterhof, ab heute von 10 bis 18 Uhr geöffnet