Der Prüfstand

Heute: Brauchen wir eigentlich noch … Gebete?

Um es vorweg zu schicken, wir brauchen keine Gebete, die uns davon abhalten, selbst politisch oder sozial aktiv zu werden. Ebenso wenig, wie wir Waffensegnungen brauchen. Trotzdem beantworte ich diese Frage – heute am Sonntag Rogate (Betet!) – mit einem klaren Ja. Einerseits habe ich den Eindruck, dass betende Menschen oft innerlich gelöster, mit sich selbst im Reinen sind. Vielleicht aus dem Gedanken heraus, dass das eigene Handeln zwar als wichtig, aber nicht als alles entscheidend gesehen wird im Vergleich zu Gottes Handeln. Zum anderen gibt es wohl auch viele Menschen, die nicht selbst beten können, die aber auch dankbar sind, wenn andere Menschen für sie beten.

 Hartmut Neubauer, Köln

„Gebete“, das klingt so altbacken und unterwürfig. Reden wir lieber von „zielführenden Gedanken“. Statt „Mir tut der Rücken weh. Das wird immer schlimmer“, empfehle ich: „Es wird auch wieder besser.“ Wenn mein Töchterchen krank ist, umsorge ich sie nicht nur mit materiellen Dingen, sondern denke oft und fleißig „Sie wird schnell gesund“. Das hat den Vorteil, dass mein Gehirn sich nicht mit so hässlichen Gedanken beschäftigen kann wie „Das könnte schlimmer werden. Vielleicht muss sie sterben.“ „Positiv denken“ ist das Beste, was man noch tun kann, um bedrohliche Situationen zu meistern; dann, wenn alles, was getan werden kann, getan worden ist. Es ist trotzdem schwerer, als es sich anhört. Glaube keiner, dass das billiger esoterischer Humbug ist. Es schützt mit Sicherheit vor Depressionen, vielleicht verändert es sogar wirklich die Ereignisse. Wer weiß?

 Rosi Steger, München

In einer Welt, in der der Mensch sich mittlerweile so sehr zum Mittelpunkt und Maß aller Dinge macht, dass er seine Einbettung in ein größeres Ganzes vergisst, hat das Gebet für mich einen hohen Stellenwert. Beten heißt innewerden, zuhören, sich zurückbinden und in Beziehung setzen mit einer größeren Sinn stiftenden Macht. Für mich persönlich ist diese Macht der Gott der jüdisch-christlichen Tradition, den die Bibel im ersten Johannesbrief mit „Liebe“ identifiziert (1. Joh 4,16).

Aus seiner Liebe zu leben und für sie zu leben, drückt sich für mich im mittelalterlichen Wort von „ora et labora“ (bete und arbeite) gut aus, denn Gott sucht MitarbeiterInnen für eine menschenfreundliche Welt. Dietrich Bonhoeffer, der als Christ und Mitarbeiter Gottes Widerstandskämpfer gegen den Faschismus war, hat diesen Zweiklang mit einem persönlichen Bekenntnis verdeutlicht:

Ich glaube, dass Gott aus allem, auch aus dem Bösesten, Gutes entstehen lassen kann und will. Dafür braucht er Menschen, die sich alle Dinge zum Besten dienen lassen. Ich glaube, dass Gott uns in jeder Notlage so viel Widerstandskraft geben will, wie wir brauchen. Aber er gibt sie nicht im Voraus, damit wir uns nicht auf uns selbst, sondern allein auf ihn verlassen. In solchem Glauben müsste alle Angst vor der Zukunft überwunden sein. Ich glaube, dass Gott kein zeitloses Fatum ist, sondern dass er auf aufrichtige Gebete und verantwortliche Taten wartet und auch antwortet.

 Claas Ehrhardt, Berlin

Die Frage ist: Erhört Gott überhaupt ein Gebet? Ja, Gott ist „der Hörer des Gebetes“. Aber kennen wir seine „Telefonnummer“?

Möchten wir fernmündliche eine Verbindung aufbauen, müssen wir die richtige Nummer wählen. Notfalls hilft das Telefonbuch, die Bibel. Die Telefonnummer zu Gott ist in Johannes 14, Verse 6 und 14 zu finden. Jesus sagt: „Niemand kommt zum Vater außer durch mich.“ In Johannes 5, Vers 14 wird gesagt: „Dies ist die Zuversicht, die wir ihm gegenüber haben, dass er uns hört, ungeachtet dessen, was wir gemäß seinem Willen bitten.“ Das setzt aber voraus, dass wir seinen Willen kennen, ihn suchen und in Demut die Dinge anehmen, die er von uns erwartet. Da hilft ein Bibelkurs!

 Thilo Hitzke, Liederbach

Unsere Prüfstandfrage für nächsten Sonnabend lautet: „Brauchen wir eigentlich noch … HEILIGE?“ Antworten bitte bis Mittwochfrüh an die tageszeitung, Brauchen wir?, Kochstraße 18, 10969 Berlin; Fax: (0 30) 2 59 02-6 54, E-Mails bitte nur an: fragen@taz.de