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Archiv-Artikel

Science Center sucht Inhalt

Das Wissenschaftsmuseum in der Hafencity muss wohl auf ein Aquarium verzichten. Die gegenüberliegende Hafencity Universität will der Senat selbst bauen. Sie wird doch noch nachhaltig

VON GERNOT KNÖDLER

Der Senat baut die Hafencity-Universität (HCU) selbst. „Es konnte kein akzeptabler privater Investor gefunden werden“, sagte Wissenschaftssenatorin Herlind Gundelach (CDU). Anderslautenden Befürchtungen zum Trotz wird das Gebäude am Ostufer des Magdeburger Hafens dem Nachhaltigkeitsstandard „Gold“ der Hafencity GmbH genügen. Zum Wintersemester 2012 soll das Hochschulgebäude bezogen werden. Ein weiteres Schlüsselprojekt der Hafencity verzögert sich dagegen: Für das Science Center auf der gegenüberliegenden Seite des Hafenbeckens muss eine neue zusätzliche Nutzung gefunden werden. Denn das Aquarium, das die Investoren des Überseequartiers bauen wollten, käme dem Hagenbeckschen in die Quere.

Science Center und HCU sollen an einer prominenten Stelle der Hafencity entstehen: dort wo der Magdeburger Hafen auf den Baakenhafen trifft, ungefähr auf halber Strecke zwischen der Elbphilharmonie und den Elbbrücken. Wer einmal vom Jungfernstieg geradewegs in die Hafencity spaziert, wird hier landen. Das Science Center könnte das populäre Gegenstück zur tendenziell elitären Elbphilharmonie werden und die HCU nicht nur zum geographischen sondern auch geistigen Zentrum des Stadtteils.

Das HCU-Gebäude ist jetzt auf den Weg gebracht. Der Senat wolle der Bürgerschaft vorschlagen, die 66 Millionen Euro, die bereits im Haushalt eingeplant seien, für die Hochschule freizugeben. Mit Hilfe eines privaten Partners hätte der Senat das Gebäude abstottern können. Im dritten Quartal nächsten Jahres soll mit dem Bau begonnen werden.

Gundelach präsentierte einen Projektsteuerer: Florian Eggert soll dafür sorgen, dass es bei den 66 Millionen bleibt und der Zeitplan eingehalten wird. Eggert und seine Mitarbeiter haben eben den fünfmal so teuren Masterplan für das Uni-Klinikum Eppendorf zur Zufriedenheit des Auftraggebers umgesetzt.

„Das Projekt ist sehr sauber geplant“, antwortete Eggert auf eine Frage nach möglichen Kostensteigerungen. Dass die Aufträge dafür jetzt nach dem üblichen Verfahren der öffentlichen Hand vergeben würden, sei genau richtig. Bei dem Vorhaben gebe es „viele Unabwägbarkeiten“, denen so am besten begegnet werden könne.

Gundelach und HCU-Präsident Steven Spier betonten, wie wichtig für sie die Nachhaltigkeit des Gebäudes sei. Gerade eine Bauhochschule müsse höchste Anforderungen an eine nachhaltige Architektur erfüllen, sagte Gundelach. „Das ist die Visitenkarte der HCU“, bekräftigte Spier.

Das Konzept dafür fasste Volker Giezek vom Architekturbüro Code Unique so zusammen: hoher Nutzungskomfort bei möglichst geringem Primärenergieverbrauch. Der ganze Gebäudekomplex sei daraufhin angelegt: Der Flügel mit den Labors liegt im Norden, im Südflügel genießen die StudentInnen von sonnendurchfluteten Räumen aus den Blick aufs Wasser und dazwischen sorgt ein großes Atrium für den Temperaturausgleich. Mit Ausnahme der Labors sollen die Räume auf Klimaanlagen verzichten können. Zur Energieversorgung sollen in die Fassade integrierte Solarzellen und Geothermie beitragen. Die Platten der Nordfassade werden aus Recyclingglas bestehen.

Der Nachhaltigkeitsstandard der Hafencity orientiert sich nicht nur am Energieverbrauch sondern auch daran, wie leicht ein Gebäude entsorgt werden kann oder ob es sich zum Stadtteil öffnet. Wie Jürgen Bruns-Berentelg von der Hafencity sagte, darf der Primärenergiebedarf des Hochschulgebäudes 100 Kilowattstunden pro Quadratmeter und Jahr nicht überschreiten. Das schließt nicht nur die Heizung, Kühlung und den Warmwasserbedarf ein, sondern auch den Strom für Computer, Kühlschränke und Lampen. 15 Jahre alte konventionelle Bürogebäude bräuchten 300 bis 400 Kilowattstunden. Für besonders energieeffiziente Bürogebäude galten allerdings schon vor zehn Jahren Werte unter 100 Kilowattstunden als Zielmarke.

Das Science Center will der Senat grundsätzlich nach wie vor bauen, wie er der SPD-Abgeordneten Anja Domres (SPD) mitteilte. Allerdings werde erwogen, auf das Aquarium zu verzichten. Damit muss für das Investoren-Konsortium des Überseequartiers, das laut Vertrag das Science Center mitfinanzieren soll, eine neue gewinnbringende Teilnutzung gefunden werden. Ideen sind umso mehr gefragt, als das überarbeitete Gebäude nach Auskunft Bruns-Berentelgs 23.000 Quadratmeter statt 14 - 16.000 Quadratmeter Nutzfläche haben wird. Mit Beginn des Jahres 2009 will die Hafencity einen neuen Zeitplan für das Science Center ausarbeiten.