: Kein Rechtsanspruch für Kinder unter drei
Renate Schmidts Gesetzentwurf zu Krippen- und Kita-Plätzen bleibt hinter den Ankündigungen der Ministerin zurück
BERLIN taz ■ Das Kinderbetreuungsgesetz der Bundesregierung ist schon im Stadium des Referentenentwurfs in die Kritik geraten. Mit diesem Gesetz will Familienministerin Renate Schmidt (SPD) das Angebot an Betreuungsmöglichkeiten für Kinder unter drei Jahren vergrößern. Doch in seiner jetzigen Form wird das Gesetz kaum einen Effekt haben, befürchtet die grüne Bundestagsfraktion.
Zunächst hatte die Familienministerin angekündigt, bis 2010 etwa 20 Prozent der „U3“, wie die unter dreijährigen Krippen- und KitabesucherInnen im Fachjargon heißen, mit Betreuungsplätzen versorgen zu wollen. Im aktuellen Referentenentwurf ist weder von dieser Quote noch von einem einklagbaren Anspruch der Eltern auf einen Betreuungsplatz die Rede. Die Kinderpolitikerin der Grünen-Fraktion, Ekin Deligöz, will das keinesfalls hinnehmen. „Wir bestehen auf einem Rechtsanspruch, wenigstens für die dringendsten Fälle“, sagte Deligöz der taz. Laut Schmidts erstem Entwurf soll den Kommunen nur eine so genannte „Vorhaltepflicht“ für Krippenplätze verordnet werden. Die aber gibt es bereits heute. Und sie ist kaum einklagbar.
Die Grünen ließen sich schließlich überzeugen, dass eine feste 20-Prozent-Quote sich als zu starr für die sehr unterschiedliche Betreuungslandschaft erweisen könnte. In manchen Gegenden könnte dies zu einer Überversorgung führen, weil sich andere Systeme eingebürgert haben, in Ostdeutschland dagegen wird diese Quote seit langem flächendeckend überschritten. Doch halten die Grünen gerade deshalb an dem Rechtsanspruch fest. Er könne „konditioniert“ sein, so meint Deligöz, also zeitlich gestaffelt und an bestimmte Dringlichkeitskriterien gebunden. „Wir können nicht nur mit dem Zuckerbrot der finanziellen Zuwendung locken, wir müssen auch die Peitsche schwingen“, sagt sie in Hinblick auf die 1,5 Milliarden Euro, die der Bund den Kommunen für den Ausbau der Betreuungsstätten in Aussicht gestellt hat. „Sonst verfrühstücken die Kommunen das Geld am Ende für andere Projekte.“
Dies ist auch die Befürchtung der frauenpolitischen Sprecherin der Grünen, Irmingard Schewe-Gerigk: „Viele Kommunen in Nordrhein-Westfalen sind in einer derartigen Finanznot, dass sie Haushaltssicherungsgesetze erlassen haben. Nach diesen Gesetzen darf eine Kommune keine freiwilligen Leistungen finanzieren. Nur ein rechtlicher Zwang versetzt sie in die Lage, das Geld tatsächlich nicht in den Schuldenabbau oder Ähnliches zu stecken, sondern in die Betreuung der Kinder.“ Das Gesetz befindet sich noch im Stadium eines Referentenentwurfs und wird gerade zwischen den Ministerien abgestimmt. Im Mai soll das Parlament darüber beraten.
HEIDE OESTREICH
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