: Beratungsbedarf macht den Boss
Ernst Welteke wird endlich darüber aufgeklärt, dass es tatsächlich noch andere Banken als die Bundesbank gibt
Ernst Welteke gehört zum deutschen Spitzenmanagement. Das hat nun endlich auch die Bundesbank erkannt. Denn nach dem Skandal um Ernst Weltekes Suiten im Berliner Nobelhotel Adlon für ihn selbst, seine Frau, seinen Sohn und dessen Freundin will die Bundesbank nun für ihn wie für die anderen Mitglieder ihres Vorstands einen „Berater für ethische Fragen“ ernennen. Die Dresdner Bank hatte Herrn Weltekes Familienurlaub anlässlich der Euroeinführung Silvester 2001/2002 mit genau 7.661,20 Euro finanziert.
Zwar machte der Beratungsbedarf verschiedener Bundesbehörden zuletzt ebenfalls Skandal – doch es lässt sich nicht leugnen: Wenn man sich so umschaut, gibt es jede Menge Leute mit Beratungsbedarf. Ob in ethischen Fragen, sei dahingestellt. Eher sieht es nach Beratung in den Grundlagen aus. Eine Qualifikation des deutschen Managements ist es nämlich, keine Ahnung von seinem Job zu haben: Hier ist nur Boss, wer Beratungsbedarf hat. Das hat nun endlich auch die Bundesbank erkannt. Beispiele fand sie ja zur Genüge. Dass etwa Herr Ackermann keine Ahnung vom deutschen Aktienrecht hat, qualifiziert ihn ganz zweifellos zum Chef der Deutschen Bank. Dass der Berliner Ex-SPD-Chef Peter Strieder keine Ahnung hat, wer in der Hauptstadt Bauunternehmer ist, qualifizierte ihn ebenso sicher zum Bausenator dieser Stadt. Wo kämen wir denn hin, wenn der Herr über Stadtplanung und Bauwesen wüsste, dass der Mann, der ihm und seiner Partei die Wahlparty bezahlte und der, ach ja, das Tempodrom baute, erstaunlicherweise tatsächlich ein Bauunternehmer ist? Wo bliebe Strieders Beratungsbedarf?
Entsprechend hat Herr Welteke Beratungsbedarf. Was ist nur verdammt noch mal eine Privatbank? Ist denn nicht die Bank der Banken die Bundesbank? Gehört die Dresdner Bank womöglich gar nicht der Bundesbank? Und schließlich die interessante Frage, ob 7.661,20 Euro nicht einfach ein unbedeutender Wert sind? Bei 350.000 Euro Jahresgehalt, die Herr Welteke einsackt, hört sich das doch ganz so an. Vergünstigungen von unbedeutendem Wert soll Herr Welteke annehmen dürfen. So steht es im Verhaltenskodex der Europäischen Zentralbank, den die Bundesbank für ihre Mitarbeiter übernehmen will.
Am meisten Beratungsbedarf hat allerdings die Bundesbank selbst. Denn so wenig wie der Rest der Bevölkerung weiß sie selbst, wozu sie eigentlich noch dient. Sie versorgt einen Haufen Angestellte, Vorstände vor allem – ganz wichtig, weil die viel kosten –, nur leider hat die Bank keine rechte Aufgabe für sie. Es gab übrigens schon Beratung durch die Presse, wo zu lesen war, sie solle doch Wirtschaftsforschung betreiben. Jetzt vielleicht doch besser Moralphilosophie? WBG