: Das Trio der lustlosen Kartenleser
Der israelische Premier Ariel Scharon will nicht recht, und sein palästinensischer Kollege Abu Masen kann nicht richtig – eine gefährliche Kombination, vor allem mit einem US-Präsidenten, der nicht vorbereitet ist
KAIRO taz ■ Nach dem gescheiterten Osloabkommen war oft vom „entgleisten Friedensprozess“ die Rede. Nun ist dieser Prozess mit der Roadmap von der Schiene auf die Straße verlegt worden, allerdings noch immer mit den alten, gescheiterten Konzepten, die sich dadurch auszeichnen, schwierige Fragen zunächst zu verschieben.
Positiv ist, dass sich US-Präsident George W. Bush entschieden hat, persönlich in den Konflikt einzugreifen. Dennoch, der gestrige Dreiergipfel von Akaba lässt nur wenig Raum für Hoffnung: ein israelischer Ministerpräsident, der nicht recht will; sein palästinensischer Kollege, der nicht richtig kann; und ein US-Präsident, der nicht vorbereitet ist.
Es war ein sehr einfaches Friedensangebot, das die Arabische Liga Israel letztes Jahr vorlegte: Die arabischen Staaten zeigten sich bereit, Israel anzuerkennen, wenn es sich aus 1967 besetzten Gebieten zurückzieht. Die Palästinenser hätten zwei Drittel ihres ursprünglichen Gebiets aufgegeben und auf dem letzten Drittel einen unabhängigen Staat gegründet. Die Golanhöhen wären wieder an Syrien zurückgegangen.
Davon war in Akaba jedoch keine Rede mehr, dafür aber wieder von der Roadmap, die einen nicht im Detail beschriebenen Prozess in mehrere Phasen teilt und bei dem die größten Probleme – das Rückkehrrecht der Flüchtlinge und das der Siedlungen – ans Ende geschoben wurden. Das neue von US-Präsident angebotene Zuckerstückchen für die Palästinenser lautet: „Israel muss sicherstellen, dass die Palästinenser ein zusammenhängendes Gebiet bekommen, das sie ihre Heimat nennen können.“ Ein schwammiges Angebot, das sich möglicherweise sogar mit den Vorstellungen Ariel Scharons deckt, der letzten Dezember in einer Rede bereits einen provisorischen palästinensischen Staat auf einem Gebiet aufgezeichnet hatte, das rund 42 Prozent des Westjordanlandes ausmacht. Alles in allem würde Israel also weiterhin etwa die Hälfte der Westbank kontrollieren. Ein Angebot, das weit hinter die Vorstellungen der Arabischen Liga zurückfällt.
Einige sprechen heute zwar von einem Scharon-Plan, doch es gibt auch die Sorge, dass der Premier damit nur auf Zeit spielt bis zum US-Wahlkampf oder bis zu dem Zeitpunkt, an dem feststeht, dass der palästinensische Premierminister Abu Masen zwar seinen Teil des Deals erfüllen will, aber nicht kann.
Bauen kann die palästinensische Führung nur auf die Beendigung der ersten Phase der Roadmap. Sie entspricht einer Art Truppenentflechtungsabkommen. Für die weiteren Phasen müssen die Palästinenser auf einen ernsthafteren Verhandlungspartner als Scharon hoffen. Ein gefährliches Spiel, zumal der jederzeit wieder eine große Koalition mit der israelischen Arbeitspartei formen kann, die ihm politisch ein längeres Leben einhauchen wird.
Über all dem steht die Frage, ob Abu Masen überhaupt fähig ist, den militanten Gruppen den von ihm versprochenen Waffenstillstand abzuringen. Doch er ist dabei auf Israel angewiesen. Wenn sich die Truppen zurückziehen und es amerikanische Garantien gibt, dass sie am nächsten Morgen nicht wieder vor der Türe stehen, dann könne er sich einen Waffenstillstand vorstellen, hatte unlängst selbst Ismail Abu Schanab, einer der Hamas-Führer in Gaza, erklärt. Nach dem Wiederaufbau der palästinensischen Polizei könnte Abu Masen dann ernsthaft ans Werk gehen und die palästinensischen Milizen entwaffnen. Sein Problem: Scharon hält zu jeder Zeit alle Fäden in der Hand, um das Projekt torpedieren zu können. So bilden Abu Masen und Scharon eine gefährliche Kombination. Wenn der eine nicht will und der andere nicht kann, kann auch Bush nicht, selbst wenn er denn tatsächlich wollte. KARIM EL-GAWHARY