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Archiv-Artikel

Am Anfang einer weiten Reise

Scharon spricht von Palästinenserstaat, Abbas ruft Landsleute zu Gewaltlosigkeit auf. Das Wichtigste am ersten Nahost-Gipfel seit drei Jahren: dass er überhaupt stattgefunden hat

aus Akaba SUSANNE KNAUL

„Gewalt ist für unsere Sache kontraproduktiv“, erklärte der palästinensische Premierminister Mahmud Abbas zum Ende des Gipfels in Akaba. „Wir werden Partner im Kampf gegen die Besatzung sein.“ Das müsse allein durch Verhandlungen erreicht werden. Abbas (Abu Masen) trat anschließend gemeinsam mit Israels Premierminister Ariel Scharon, US-Präsident George W. Bush und Jordaniens König Abdallah II. vor die Presse.

Von zwei Staaten, Israel und „einem palästinensischen Staat“, sprach Scharon, allerdings mit unmittelbarem Hinweis auf einen „demokratischen Staat, der in vollem Frieden mit Israel ist“. Der israelische Ministerpräsident nahm ausführlich zu der Notwendigkeit einer Beendigung der Gewalt Stellung, bevor er versicherte, dass auch „Israel bereit ist, einen Preis zu bezahlen“. Dabei erwähnte er weder die bevorstehende Räumung illegaler Siedlungen, noch sprach er von einer „Besatzung“.

Sei’s drum. Das Wichtigste am ersten Gipfeltreffen seit fast drei Jahren ist wohl, dass es überhaupt stattgefunden hat. „Wir schicken die Roadmap auf den Weg“, meinte der israelische Regierungssprecher Raanan Gissin und fügte wenig hoffnungsvoll hinzu: „So wie man ein Schiff vom Stapel lässt, zum Beispiel die Titanic.“ Bush versprach, den nahöstlichen Friedensprozess ganz oben auf seine Agenda zu setzen.

Für die Palästinenser ist klar, dass nichts ohne die die Amerikaner geht. „Wir knüpfen keine Hoffnung an einen bilateralen Prozess“, sagt Diana Buttu, Rechtsberaterin der PLO. Entscheidend für einen Erfolg des internationalen Dreistufenplans zum Frieden sei der in dem Plan vorgesehene Einsatz so genannter Monitoring-Gruppen der Umsetzung. Ob diese allein von den USA gestellt werden, wie es Israel fordert, oder – entsprechend dem Friedensplan – auch von der EU, sei für die Palästinenser „irrelevant“. Anders als zu Zeiten des Osloer Prozesses, der „auch von großem Vertrauen seitens [des PLO-Chefs Jassir] Arafats in [Expremierminister] Jitzhak Rabin geleitet worden sei, machten sich die Palästinenser heute über Scharon keine Illusionen. „Wir trauen ihm nicht“, so Buttu. „Er ist der Architekt der Siedlungen.“

Immerhin hatte Scharon nur kurz vor Beginn des Gipfels durchgesetzt, dass die Gründung eines Staates Palästina fortan „Regierungsprogramm“ ist, so Salman Schuval, Mitglied der israelischen Delegation. Und trotz der scharfen Kritik im eigenen Kabinett sei Scharon ein Ministerpräsident, der „die Ware liefern kann“. Sobald es um Frieden gehe, habe er die Opposition hinter sich, was bei Rabin und später Ehud Barak nicht der Fall gewesen sei.

Für die Israelis hat sich die Situation schon insoweit zum Besseren gekehrt, dass sie nicht mehr mit Arafat verhandeln müssen. Erst am Vortag hatte Bush den Palästinenserpräsidenten als yesterday’s man bezeichnet und die arabischen Staaten zur Rückendeckung Abu Masens aufgefordert. Der frisch gewählte Premierminister wird die Verhandlungen führen, meint hingegen die PLO-Rechtsberaterin Buttu, „unterzeichnet werden muss der Friedensvertrag, wenn es ihn geben sollte, vom PLO-Chef“.

Während Schuval glaubt, dass die Palästinenser infolge des Krieges im Irak und der israelischen Operation „Schutzwall“ im vergangenen Jahr „verstanden haben, dass der Prozess nicht mit Gewalt vorangetrieben werden kann“, heißt es aus palästinensischen Kreisen, nun müsse alles darangesetzt werden, Scharon keine Rechtfertigungen zu liefern, den Prozess zu beenden. Israel sei die stärkere Partei in dem Konflikt, meint Michael Tarazi, ebenfalls Rechtsberater der PLO. Ohne eine dritte Partei werde es deshalb nicht vorangehen. Die müsse unweigerlich die US-Seite sein. „Die Araber können diesen Konflikt nicht lösen“, sagt er. „Sie schicken nicht jährlich Millionen Dollars, mit denen die Besatzung finanziert wird.“