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Archiv-Artikel

Öffnungszeiten oft offen

Wie lange die Geschäfte samstags künftig offen bleiben, hängt auch von den Kunden ab. In der Wilmersdorfer Straße ist man nicht euphorisch. Länger als 18 Uhr wird hier vorerst nicht geshoppt

von UWE RADA

Es ist voll in den Wilmersdorfer Straße, trotz Sommerhitze und Wirtschaftsflaute. Bei Strauss Inovation gehen vor allem Sommerklamotten und Weißwein über den Ladentisch. Doch so richtiger Optimismus will nicht aufkommen. „Wir haben ab nächsten Samstag bis 18 Uhr geöffnet“, sagt die Verkäuferin. Dass man nicht die ab 1. Juni gesetzlich erlaubte Öffnungszeit bis 20 Uhr ausschöpfen möchte, erklärt sie mit der zögerlichen Haltung der Geschäftsführung. „Wir warten erst mal ab, wie sich das entwickelt.“

Verglichen mit der Verlängerung des Ladenschlusses 1999, hat man in der Wilmersdorfer – neben Ku’damm/Tauentzien und Schlossstraße Berlins wichtigster Einkaufsmeile – nicht den Eindruck, als stehe Entscheidendes bevor. Nur an wenigen Schaufenstern finden sich Hinweise auf veränderte Öffnungszeiten. Auch die Kunden lassen es an der nötigen Euphorie fehlen. „Mal sehen“, sagt ein älterer Herr aus Spandau, „18 Uhr reicht ja. Und wenn es später wird, kann ich immer noch zum Potsdamer Platz fahren.“

Manchen Geschäften ist selbst 18 Uhr zu viel. Das Spezialitätengeschäft Rogacki etwa wird auch samstags nur bis 15 Uhr geöffnet halten. Erlesene Fischspezialitäten wollen eben entsprechend zubereitet werden. Und da ist der Samstagmorgen immer noch die bessere Einkaufszeit als abends kurz vor der Sportschau.

Das weiß auch Thomas Bong. „Wenn ich der Chef eines Einkaufscenters wäre, könnte ich alle auf einheitliche Öffnungszeiten verpflichten“, sagt er. Doch Bong ist kein Center-Manager, sondern Apotheker und der Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Wilmersdorfer Straße. „Da hilft nur reden und überzeugen.“

Geredet und überzeugt hat Bong viel in den letzten Wochen. Er hat sich mit den Verantwortlichen der großen Kaufhäuser – Karstadt, Sinn & Leffers sowie Peek & Cloppenburg – zusammengesetzt und auch an die kleinen Ladenbesitzer appelliert. Schließlich sind einheitliche Geschäftszeiten das A und O in einer Einkaufsstraße. Dass am Ende nur bis 18 Uhr geöffnet wird, ist für Bong allerdings kein Drama. „Wir wollen erst mal abwarten, wie sich der Kunde verhält. Der kann ja auch nur jede Mark einmal ausgeben.“ Falls sich aber zeige, dass die Geschäfte noch um 17.45 voll sind, könne man schnell reagieren. „Dann haben wir bald schon bis 20 Uhr geöffnet“, sagt der Sprecher der Wilmersdorfer Händler. „Die Vereinbarungen mit den Betriebsräten lassen das zu.“

Eines glauben die Händler aber nicht: Dass die Verlängerung der Öffnunsgzeiten – wie 1999 – vielerorts wieder zurückgenommen wird. „Die Erfahrungen haben gezeigt, dass sich die Kunden nur langsam auf neue Öffnungszeiten einstellen“, sagt Thomas Bong. „Da heißt es auch, Durststrecken zu überwinden.“ Dass der Sommer dazu aber nicht gerade die geeigneste Zeit ist, sondern viel eher die Vorweihnachtszeit, räumt er gerne ein. „Im September mit der Verlängerung zu starten, wäre sicher günstiger gewesen.“

Bis dahin haben vielleicht auch das Bezirksamt Charlottenburg-Wilmersdorf und der Senat ihre Webseiten auf den neuesten Stand gebracht. Denn in der virtuellen Wilmersdorfer sieht es immer noch so aus wie auf der ganz realen: Von Sommer, Sonne und Sonnabend-Shopping ist nicht viel zu bemerken.