literatur
: „Terrassen, Wege, Gartenmöbel“ sind ein didaktischer Leitfaden nicht nur für Gartennutzer

Den Garten erlesen

Zur Gartengestaltung gibt es zuhauf Bücher. Mit allerlei Vorschlägen soll der eifrige Gärtner angeregt werden, sein Stück Grün in ein veritables Wolkenkuckucksheim zu verwandeln. Von den meist unbefriedigend bleibenden Tipps für Heimwerker hebt sich Rainer Gall schon durch die Formulierung der Zielgruppe ab. Sein Buch „Terrassen, Wege, Gartenmöbel“ soll nämlich nicht nur Gartennutzer, sondern auch Gartenbauer und Gartenmöbelhändler ansprechen.

Didaktisch zeigt sich der Innenarchitekt und Holzfachmann bereits bei der Gliederung in die vier Kapitel „Garten, Menschen, Wohnen“, „Vom Produkt zum Kunden“, „Architektur des Wohngartens“ und „Möbel für den Wohngarten“. Zunächst erinnert Gall daran, dass nicht der bäuerliche Blumengarten den Ursprung des gegenwärtigen Gartens bildet, wie gern romantisch verklärt wird. Vielmehr ist er eine Errungenschaft der Gesellschaftsreformer im 19. Jahrhundert. Die Stadtbewohner sollen mit einem Ausgleich zu den Mietskasernen und günstigem, weil selbst angebautem frischem Obst und Gemüse versorgt werden.

Heute ist das eigene Stück Grün – mit oder ohne Gemüse – ein wichtiger Freizeitfaktor, für die Erwachsenen als Bewegungsausgleich, für die Kinder zum Schulen der Sinne. Gall spricht nicht zu Unrecht vom „Zweitwohnort“.

Das Buch kann als Hilfeleistung für den Gartennutzer gelesen werden. Bei der Vorstellung verschiedener Holzarten, die für den Außenbereich geeignet sind, wäre eine kritische Einschätzung des Anbaus, der Bestände und möglicher Folgen für die tropischen Wälder über die bloße Beschreibung der Eigenschaften wünschenswert.

Um das meist beschränkte Stück Land gut zu nutzen, braucht man eine geeignete Gliederung. In dem Kapitel „Architektur des Wohngartens“ stellt Gall verschiedene Gestaltungselemente zur Diskussion, vom Steg bis zur Terrasse. Wie weit soll ein Witterungsschutz gehen? Soll lediglich ein Segel den Wind abhalten, oder wird eine fest installierte Wand als optischer Halt bevorzugt? Ein besonderes Faible hat der Autor für „Haltesysteme“, also Konstruktionen, an die sich – je nach Höhe – verschiedene Objekte wie Wetterstation, Blumenschale oder Tischplatte andocken oder – wenn es sich um eine Pergola handelt – abhängen lassen.

Die bewusste Vermittlung hält Gall auch im letzten Kapitel durch. Anstatt den Gartennutzer mit unzähligen Produkten zu erschlagen, gibt er nach einer kursorischen Maßkunde von Tischen und Stühlen einen eng gefassten Überblick. Mit der Anregung, sich über Funktion und Nutzen ein Bewusstsein zu verschaffen, zielt Gall auf die Emanzipation der Käufer ab. Schade, dass dieser gute Rat auch teuer ist.  MIKAS

Rainer Gall: „Terrassen, Wege, Gartenmöbel. Arbeiten mit Holz im Außenbereich“. Deutsche Verlags-Anstalt, Stuttgart/München 2003, 127 Seiten, zahlr. Abb., 59,90 €