: Ein Kinderspiel
Kita-Gesetz wird heute in der Bürgerschaft einstimmig beschlossen.Skepsis gibt es nur bei der GAL, Kritik kommt von der Diakonie
von sven-michael veit
Höchstwahrscheinlich einstimmig wird die Bürgerschaft heute Abend das neue Kita-Gesetz beschließen, auf das Senat und SPD sich am Montag geeinigt hatten (taz berichtete). Die Fraktionsspitzen von CDU und SPD beteuerten gestern, dass ihre Zustimmung „selbstverständlich“ sei. Auch die GAL werde für die Reform votieren, versicherte Fraktionssprecherin Brigitte Köhnlein, denn diese verspreche im Wesentlichen, „wofür wir seit langem eintreten“.
Leichten Herzens allerdings wird das grüne Ja nicht ausgesprochen. Die vollkommen ungeklärte Finanzierung der Kita-Versprechungen sowie die vermutete „unzureichende Berücksichtigung sozialer Belange“ gedenken die Grünen in der Parlamentsdebatte zur Sprache zu bringen. Bürgermeister Ole von Beust und Finanzsenator Wolfgang Peiner (beide CDU) wollen die erforderlichen etwa 70 Millionen Euro durch Kürzungen im Haushalt aufbringen. Wie und wo, soll bis zu den Etatberatungen in der Bürgerschaft Mitte Juni geklärt werden – ein Gesetz ohne Finanzplanung zu verabschieden allerdings, vergleichen manche Grüne und auch Rote mit dem Kauf der Katze im Sack.
Kurioserweise steht die Verabschiedung des Landeshaushaltes für das bereits laufende Jahr, die wegen der Neuwahl vom Dezember 2003 bis jetzt verschoben wurde, heute ebenfalls auf der Tagesordnung der Bürgerschaft – direkt nach der Kita-Debatte und eben ohne Berücksichtigung ihrer pekuniären Folgen. Auf keinen Fall jedoch dürfe im Sozialhaushalt noch mehr gespart werden, fordert die GAL schon mal vorsorglich.
Ähnliches hatte am Montag bereits die Gewerkschaft ver.di verlangt, und auch das Diakonische Werk warnte gestern vor „Verschlechterungen für Familien aus sozial schwierigem Umfeld“. Eventuelle Kürzungen der staatlichen Zuschüsse an die Kita-Träger sieht Landespastorin Annegrethe Stoltenberg kritisch. Solche Einsparungen würden zu einer „schlechteren Qualität der Betreuung“ führen, befürchtet die Herrin über 158 evangelische Kitas mit rund 10.000 Plätzen.
Als „zweischneidig“ betrachtet zum Beispiel Kristina Krüger, Leiterin der Evangelischen Kita auf der Veddel, den Kita-Kompromiss. „Wir sind schon froh, dass es mit der fünften Stunde mehr Zeit für die Kinder gibt“, erklärt sie. Auch habe das Mittagessen für die Kinder einen hohen Stellenwert: „Nur ist es schade, dass dies erst zum 1. Januar passiert.“ Denn zahlreiche Kinder wurden von ihren achtstündigen Ganztagsplätzen auf vier Stunden heruntergestuft (taz berichtete), die letzten Übergangsregelungen laufen zum 30. Juni aus. Dies hätte durch eine direkt anschließende Fünfstunden-Regelung abgemildert werden können.
„Generell“ habe sie an der Kita-Volksinitiative gestört, so Krüger, dass diese eine zu starke Fokussierung auf Berufstätige enthalte. Auch der jetzt zur Abstimmung stehende Gesetzentwurf legt dort den Schwerpunkt. Sozial Schwache gehören deshalb wahrscheinlich zu den Verlierern der Kita-Reform. Für Kinder von Migranten, Sozialhilfeempfängern und Arbeitslosen dürfte es schwieriger werden, einen Ganztags-Kita-Platz zu erhalten, auch wird die Sprachförderung in der Kita bei der Neuerung ausgeklammert. Dies könnte vor allem zulasten von Kindern in den sozialen Brennpunkten gehen, fürchten Skeptiker wie Krüger: „Auch fünf Stunden reichen zur Sprachförderung der Kinder eigentlich nicht aus.“