: Jukebox
Man darf sich schon mal auf ein tolles Jahr freuen
Im Rückspiegel das Vertraute, noch einmal zusammengefasst in den Alben des Jahres 2008. Dafür empfehlen sich zum Beispiel Crosby, Stills, Nash & Young, die im vergangenen Jahr eben mal Fleet Foxes hießen, die sich mit ihrem gleich betitelten Debüt so schön und schmeichelnd in die Herzen von eigentlich ziemlich allen gesungen haben. Wenn man nicht gleich zu dem neuen Album von den Rolling Stones greifen wollte, das mit seinem knochentrockenen rüden Rock ’n’ Roll halt nur mal von The Kills gemacht wurde, mit „Midnight Boom“. Alles gut, vieles schön. Und doch ein bisserl saturiert. So kann das doch nicht in einem fort weitergehen.
Auf dem letzten Drücker, am vergangenen Montag, im Altjahr 2008, ist noch Freddie Hubbard gestorben. 70-jährig. Der Jazztrompeter spielte mit John Coltrane, mit Art Blakey, mit Thelonious Monk oder manchmal auch nur Smooth-Jazz. Eine seiner bekanntesten Kompositionen heißt „Crisis“, und das ist dann die Botschaft zur Zeit. In den Fernsehnachrichten und aus allen Zeitungsartikeln springt einem nur ein Wort entgegen, so groß ist es geschrieben, dass einem für die Zukunft einfach bange werden muss: KRISE. Kleiner kriegt man es nicht. Da ist das neue Jahr kaum im Krabbelalter, und schon hat es seinen Makel weg. Alle wissen es längst: Das Jahr 2009 ist das Krisenjahr.
Es wird also unbedingt ein gutes Jahr.
Die Zukunft, sie leuchtet endlich wieder silbern auf am Horizont, denn das gilt doch als eine der gesicherten Erkenntnisse in der Kulturproduktion, dass nur ein durch den Flaschenhals des Leidensdrucks gezwängtes Werk einen Wert hat. Erst muss es dem Menschen wehtun. Die große, uns bewegende Kunst, heißt es, schöpft sich immer aus dem Schmerz. Das darf dann bitteschön auch eine Dauerkrise sein: Den auf den Baumwollfeldern geschundenen Menschern presste man so den Blues ab. Zukunftslosigkeit plus Thatcherismus beschleunigten den Punk. Und wurde nicht aus jeder kleinen Verwundung im Indierock noch allweil ein hübsches Lied geschnitzt?
Kulturell kann es so nur wieder aufwärtsgehen, nach der Zeit der Stagnation, in der allein die Wirtschaftsdaten samt den angeschlossenen Börsennachrichten immer stramm nach oben wiesen. Damit ist es glücklicherweise ja vorbei. Es ist andere Rendite, die winkt.
Wenn nicht, war die Krise in dem Krisenjahr 2009 in der Endabrechnung einfach noch nicht groß genug. THOMAS MAUCH