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Archiv-Artikel

eu-agrarhilfen Kein Vorbild für Afghanistan

Im Jahr 2010 wird der Tabakanbau in Europa Geschichte. Das ist die gute Nachricht. Bis dahin fließen noch mehrere Milliarden Euro in einen Produktionszweig, der nur seinen Produzenten nützt, den Konsumenten aber schadet. Das bleibt skandalös. Agrarminister und EU-Kommission beschwichtigen zwar, eine Milliarde Euro pro Jahr falle im Vergleich zum Gesamthaushalt von 100 Milliarden nicht ins Gewicht. So könnte man argumentieren – wenn die Kommission nicht in den vergangenen Jahren Tabakkonsum zu einer Geißel der Menschheit stilisiert hätte.

KOMMENTARVON DANIELA WEINGÄRTNER

Mit seinem Rachefeldzug gegen Tabakwerbung hat der ehemalige Kettenraucher, Verbraucherkommissar David Byrne, nicht nur seine Kompetenzen überschritten, sondern jede Menge Arbeitsplätze vernichtet – in der Werbeindustrie und überall dort, wo Menschen von sportlichen Großereignissen leben.

Man kann der Überzeugung sein, dass Zigaretten die Gesundheit so gravierend schädigen, dass angesichts der medizinischen Erkenntnisse das Arbeitsplätze-Kalkül zynisch wäre. Dann aber muss der Bannstrahl konsequent alle treffen, die Zigarettenkonsum ermöglichen und anheizen – zuallererst die Tabakproduzenten. In der langen Nacht von Luxemburg zeigte sich aber, dass die griechische Tabaklobby mindestens so fanatisch für ihren Besitzstand kämpft wie der EU-Verbraucherkommissar für eine rauchfreie Zone Europa. Fast wäre der ganze Agrarkompromiss an dieser Frage gescheitert, und das ist das bisschen Tabak nun auch wieder nicht wert.

Denn bei der Baumwoll- und Olivenproduktion ist der Einstieg in den Ausstieg der produktionsgebundenen Subventionierung erreicht. Baumwolle sollen künftig die Länder herstellen, die das besser und billiger können. Bei der nächsten Runde der WTO-Verhandlungen steht Europa so als Gesprächspartner da, der mit sich reden lässt und nicht stur auf alte Privilegien pocht. Dass wir uns mit unseren kümmerlichen Tabakpflänzchen weiter lächerlich machen, ist dafür kein zu hoher Preis.

Hoffen wir, dass die krause Logik in der Tabakfrage kein europäischer Exportartikel wird. Dann käme Hamid Karsai zur nächsten Afghanistan-Geber-Konferenz mit dem Vorschlag, die Mohnproduktion in seinem Land doch künftig auch zu subventionieren. Schließlich scheint das angesichts der hohen Arbeitslosigkeit am Hindukusch eine zukunftsträchtige Strategie.

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