Körperverletzung außer Dienst?

„So soll ein Polizist nicht handeln“: Ein Zeitungszusteller und ein Ordnungshüter liegen im Clinch über eine Rempelei mit Folgen– die trotz Zeugin nun in die nächste Runde geht

bremen taz ■ Staatsanwalt und Amtsgericht hatten die Angelegenheit eigentlich per Strafbefehl beilegen wollen. 30 Tagessätze zu je 40 Euro hätte der Polizist Michael H. dafür zahlen sollen, dass er nächtens, nach einem privaten Gaststättenbesuch, einen Zeitungszusteller vom Moped schubste, so dass dieser stürzte und sich die Leiste brach. Körperverletzung. Doch so einfach wird die Episode offenbar nicht beigelegt.

„Der Bescheid ist noch nicht rechtskräftig geworden“, heißt es bei der Staatsanwaltschaft. Offenbar will der beschuldigte Polizist die Entscheidung des Amtsgerichts vom Januar nicht auf sich beruhen lassen. Dabei hatte der gestürzte Zeitungszusteller Jules B. gerade Hoffnung geschöpft, nun Schmerzensgeld einklagen zu können.

Außer einer Knieverletzung hatte B. in jener Nacht im vergangenen August auch einen Leistenbruch erlitten. Mehrere Tage lag er deshalb im Krankenhaus. Auf 2.500 Euro belaufen sich nach Angaben von Anwalt Rolf Krumpfer die Forderungen seines Mandanten. Forderungen, von denen lange unklar war, ob sie je geltend gemacht werden könnten. Denn eine Chance auf Entschädigung besteht erst, seit eine unbeteiligte Zeugin gefunden wurde, die den Vorfall nachts um 1 Uhr 35 und die Schilderungen des Zeitungszustellers bestätigte.

Danach war der Zeitungsausträger auf seinem Moped über den Bürgersteig gerollt, um eine Zeitung zuzustellen, als ein offenbar angetrunkener Mann plötzlich auf ihn zutrat und ihn vom Moped schubste. „Ich lag unter dem Moped und hatte Schmerzen“, erinnert sich B. Beim Aufrappeln habe er den Mann gefragt, warum er das gemacht habe – doch keine Antwort bekommen. Auch seine Personalien habe der Mann nicht angeben wollen – bis B. ihm nach Hause folgte und dort eine Dienstmarke der Polizei zu sehen bekam. Dazu habe der Verfolgte gesagt, B. könne ihm nichts anhaben – eine Darstellung, für die es keine Zeugen gibt, die B. aber wenig später zu Protokoll gab.

„Der Polizist hätte mich anhalten können“, sagt B. Aber ihn einfach umzuwerfen – das sei falsch gewesen. „So soll ein Polizist nicht handeln.“ Der Beschuldigte selbst hat nach dem Vorfall selbst Anzeige erstattet: Wegen falscher Verdächtigung. „Aber davon haben wir nichts wieder gehört“, sagt Anwalt Krumpfer. Für seinen Mandanten hatte die Sache unterdessen schon Konsequenzen. B. musste eine Strafe zahlen, weil er mit einem Führerschein aus Kamerun unterwegs war, der schon längst hätte umgeschrieben sein müssen.

ede