„Bloß keine Discos mehr“

Im Übersee-Museum herrscht Leere und Ödnis dort, wo in anderen Museen das Foyer-Leben tobt. Denn Museumsshop und Café stehen nach dem spektakulären Streit mit Ex-Betreiber Ulrich Mickan leer. Das bleibt so, noch mindestens den Sommer über

Ein Entreeohne Aufenthaltsqualität – bundesweit einmaligBeschürztesPersonal hetzt Kaffee und Kuchen durch den Straßenbahnverkehr

Bremen taz ■ Einmalig, bundesweit. Mindestens. Wo in öffentlichen Gebäuden gerade der Eingangsbereich als Visitenkarte verstanden, als Prunkstück der Repräsentation hergerichtet wird, buhlen im Bremer Übersee-Museum gerade mal 22 schwarze Sitzquader und zwei Plastikpalmen um Aufmerksamkeit. Etwa 400 Quadratmeter öder Platz.

Bis November vergangenen Jahres hatte noch der Museumsshop- und Café Übersee-Pächter Ulrich Mickan mit Partys und Eventgastronomie für Leben gesorgt. Das war von Museumsseite nicht gewollt. Mickan bekam die Kündigung. Das Foyer wurde leer. Maximal ein Kaffeeautomat wird dort dieses Jahr noch aufgestellt. Die Türen bleiben verhängt. Kein Stöbern in Andenken. Ein Entree ohne Aufenthaltsqualität – bundesweit einmalig.

300.000 Euro für den Umbau würden am Dienstag im Haushaltsbeschluss bewilligt werden, ist Museumsdirektorin Wiebke Ahrndt überzeugt. Saniert werde damit die inzwischen ziemlich versiffte Gastro-Einrichtung, eine neue Verglasung der Kipling-Lounge sowie die behindertengerechte Umgestaltung des Eingangs – inklusive Fahrstühle in die Ausstellungsetagen.

Obwohl eine Ausschreibung erst noch ansteht, haben sich für den Betrieb des Lokals vorab schon einmal 30 Gastronomen beworben. Sie müssen mit einem neuen Konzept einverstanden sein. Ahrndt: „Bloß keine Discos mehr, ruhiger und schicker als das Café Übersee soll es werden, so im französischen Bistrostil.“ Eröffnung: voraussichtlich Ende 2004.

Damit gerade im Hochsommer die Servicewüste am Eingang nicht allzu sehr auffällt, wurde das Café Hauptmeier im gegenüber liegenden Hotel zur Post als Schön-Wetter-Kooperationspartner gewonnen. Nur bei ordentlich Sonnenschein, aber immerhin, stehen jetzt ein paar Tische und Stühle vor dem Säulenportal, hetzt beschürztes Hauptmeier-Personal Kaffee und Kuchen durch den Straßenbahnverkehr. Zu Hauptmeier-Preisen? Ahrndt: „Die sind halt teuer. Deswegen erhält jeder Museumsbesucher für ein gültiges Ticket zehn Prozent Ermäßigung.“ Das Angebot gilt auch für den Besuch des Hotel zur Post-Bistros „Deli“.

Der völlig neu gestaltete Shop soll laut Ahrndt bereits „Ende Herbst“ wieder eröffnet und dann in Eigenregie betrieben werden. Er werde um das Fünffache auf 120 Quadratmeter ausgeweitet – und mit einer Leseecke bestückt. Hauseigene Publikation sollen dort zu erwerben sein, aber vor allem ein breites Repertoire an Blöcken, Stiften, Postkarten und Gummi-Dinos. Alles mit dem Museums-Logo. Man stelle sich darauf ein, dass weiterhin über 50 Prozent der Gäste Kinder und Jugendliche sein werden, berichtet Ahrndt. Mit letztjährig 160.000 Besuchern sei man nach der Kunsthalle das zweitbeliebteste Museum der Stadt Bremen.

Vorrangig ist die Neugestaltung der Asien-Abteilung. Sechs Millionen Euro seien dafür im Bremer Haushalt vorgesehen, weiß Ahrndt. Ab Mai werde der Bereich komplett eingeschalt, damit die restlichen 7.000 Museums-Quadratmeter weiter ungestört besucht werden können. Zuerst wird die Kuppel des zweiten Lichthofs erneuert. Das Plexiglas in 14 Metern Höhe wird richtigem Glas in 17 Metern Höhe weichen. Zur weiteren Verbesserung der Raumwirkung setzt man auf helle Farben. Die Ausstellungsstücke müssen allesamt restauriert werden. Für eine Neugestaltung des Japanischen Gartens sucht man Sponsoren. Zudem werde nach dem Umbau das Thema „Asien“ ins 21. Jahrhundert fortgeschrieben – etwa mit der Schau „Megacity Shanghai“.

2006 ist laut Ahrndt geplant, den Sonderausstellungsbereich auf 800 Quadratmeter zu verdoppeln – zu Lasten der Abteilungen Altägypten und Alaska. 2007 würde dann die Afrika-, 2009 die Amerika-Dauerausstellung neu gestaltet. So dass im Kulturhauptstadtjahr 2010 alles frisch und fertig ist. Einmalig, bundesweit. Mindestens.

Jens Fischer