: Dose spaltet Handel
Lekkerland-Tobaccoland und Getränkefirmen scheren aus Boykottfront aus. Sie verständigen sich mit Trittin auf ein zentrales Rücknahmesystem
BERLIN taz ■ Umweltminister Jürgen Trittin (Grüne) hat sich mit der Getränkeindustrie und Teilen des Handels doch noch auf ein zentrales Rücknahmesystem für Dosen und Einwegflaschen geeinigt. Dies gab das Ministerium gestern bekannt. Die ganz große Lösung aber ist es nicht. Einige Handelskonzerne, darunter Metro und Tengelmann, schießen weiterhin quer. Andere, wie Lidl und Aldi, setzen auf eigene Rücknahmesysteme – so genannte Insellösungen.
Bis gestern hat der Bundesverband der Ernährungsindustrie (BVE) verzweifelt nach Partnern für ein Rücknahmesystem gesucht. Er vertritt die Getränkehersteller, die auf ein groß angelegtes Rücknahmesystem angewiesen sind. Denn bei Insellösungen würden Markenartikler leer ausgehen: Laut Verpackungsverordnung müssen Lidl und Aldi dafür eigene Flaschentypen entwickeln – für Marken wie Coca-Cola oder Schweppes undenkbar, wo das Produkt fest mit der Flasche verknüpft ist. Mit Lekkerland-Tobaccoland, der in ganz Deutschland Kioske und Tankstellen beliefert, konnte die BVE einen zentralen Händler gewinnen. Der BVE hofft, dass weitere sich anschließen.
Während Edeka nun ganz auf Mehrweg setzt, bleiben Metro und Tengelmann außen vor. Die beiden stehen, gestützt vom Hauptverband des Einzelhandels (HDE), weiter auf der Bremse. Die Tengelmann-Gruppe hat angekündigt, ihre Dosen jetzt aus den Regalen zu räumen. Sie will offenbar weiter Stimmung gegen das Pfand machen, um es doch noch zu kippen. Andererseits haben sie ohne Teilnahme an einem Rücknahmesystem auch kein Recht mehr, mit Pfandgutscheinen zu hantieren.
Hinter vorgehaltener Hand war von Seiten des BVE deutliche Kritik am Verhalten des Einzelhandelsverbands zu hören. „Die Getränkeindustrie kann ja viel aufbauen – wenn der Handel nicht mitzieht, nützt das nichts.“ Offenbar ist man dort genervt von den Kräften auf Seiten des Handels, die den Konflikt weiter auf die Spitze treiben wollen. Auch gestern kündigte der HDE weiter Widerstand an.
Interessant ist das Verhalten von Plus: Der zu Tengelmann gehörende Discounter scherte aus der Regie des Mutterhauses aus und kündigte gestern an, wieder Mehrwegflaschen einzuführen. Zusätzlich arbeitet Plus jetzt ebenfalls an einer Insellösung.
MATTHIAS URBACH
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