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Archiv-Artikel

Friedenstruppe nach Nahost?

Frankreichs Außenminister schlägt eine Studie über einen internationalen Einsatz vor. Die Palästinenser reagieren positiv, während die israelische Regierung eine bewaffnete Truppe weiterhin ablehnt. Akzeptabel wären allenfalls US-Beobachter

aus Jerusalem SUSANNE KNAUL

Der mögliche Einsatz internationaler Friedenstruppen im Nahen Osten stößt bei den Konfliktparteien auf begrenzte Sympathie. Die israelische Regierung hält an ihrer bisherigen Position fest und lehnt bewaffnete Truppen strikt ab. „Israel kann den Kampf allein ausfechten“, meinte der stellvertretende Regierungschef Ehud Olmert gegenüber CNN. Jossi Sarid von der Oppositionspartei Meretz, der die Idee selbst schon vor über einem Jahr ins Gespräch brachte, begrüßt, dass die Initiative endlich aufgegriffen wird. „Solange die beiden Seiten allein gelassen werden, wird es keinen Frieden geben“, meinte er auf telefonische Anfrage.

Die Palästinenser hatten in der Vergangenheit stets den Einsatz internationaler Truppen gefordert. Es wäre „ein großer Schritt, um den Prozess voranzutreiben“, so PLO-Rechtsberater Michael Tarazi. Außenminister Nabil Shaat zeigte sich am Montag optimistisch, dass möglicherweise schon heute eine Waffenstillstandserklärung der Oppositionsgruppen unterzeichnet werden könnte.

Der französische Außenminister Dominique de Villepin hatte am Sonntag eine „Machbarkeitsstudie“ über eine Friedenstruppe angeregt. Die Idee einer unabhängigen Nahost-Mission hatte UN-Generalsekretär Kofi Annan am Freitag eingebracht.

Auf israelischer und palästinensischer Seite besteht Unklarheit über Art und Zeitspanne einer Truppenstationierung. Während Sarid auf „mehrere Jahre“ hofft, da sonst „jeglicher Vertrag keine Beständigkeit hätte“, fürchtet Tarazi, dass „eine Besatzungsmacht durch eine andere ersetzt werden könnte“. Dennoch begrüßt er jede Initiative, die den Palästinensern die Möglichkeit biete, „sich wieder frei zu bewegen“, und die, so hofft er, ein „Ende der Menschenrechtsverletzungen“ bringe. Sarid hält die Sorge Tarazis vor einer neuen Besatzungsmacht für unbegründet: „Die internationalen Truppen werden die erste Gelegenheit wahrnehmen, um wieder zu verschwinden.“ Sarid hofft jedoch, dass bis dahin „die Leute normaler geworden sind und dass es vielleicht neue Regierungen auf beiden Seiten gibt“.

Der Einsatz internationaler Truppen war fast bei allen bisherigen Friedensverhandlungen Thema und führte mehr als einmal zum Eklat zwischen den Konfliktparteien. Tatsächlich sind seit Mitte der 90er-Jahre in der palästinensischen Stadt Hebron rund 200 internationale Beobachter stationiert, die allerdings wenig ausrichten können. Grund für die strikt ablehnende Haltung der Israelis ist vor allem die Erfahrung mit der UNO, die allein aufgrund ihrer Konstellation eine eher kritische Haltung gegenüber Jerusalem einnimmt.

Die ohnehin angespannten Beziehungen wurden in den vergangenen Jahren zusätzlich belastet, als bekannt wurde, dass UN-Soldaten im Südlibanon Filmmaterial zurückhielten, das offenbar die Entführung dreier israelischer Soldaten an der südlibanesischen Grenze dokumentierte. Das Misstrauen ist so groß, dass Israel vor einem Jahr den Einsatz einer UNO-Kommission zu den Ereignissen im Flüchtlingslager Dschenin ablehnte.

Zum ersten Mal stimmte Israels Regierungschef Ariel Scharon nun jedoch dem Einsatz so genannter Beobachtungstruppen zu, wie sie der Dreistufenplan zum Frieden ( „roadmap“) vorsieht. Israels Bedingung, dass es sich bei den Beobachtern ausschließlich um US-Amerikaner handeln dürfe, ist für die Palästinenser akzeptabel. Entscheidend sei, dass es keinen bilateralen Prozess gäbe, denn Vertrauen hegten die Palästinenser in Scharon nicht mehr. Auch aus dem deutschen Außenministerium wurde die Befürchtung laut, dass es die beiden Konfliktparteien allein nicht schaffen werden.