: Die Härte des Gesetzes
Hamburgs Justiz und Polizei greifen strenger gegen jugendliche Straftäter und mutmaßliche Drogendealer durch. Mehr Anklagen und härtere Urteile
Von Marco Carini
Hamburgs Gerichte greifen durch. Besonders Drogendealer und Jugendliche bekommen die ganze Härte des Gesetzes zunehmend zu spüren. Das geht aus internen Zahlen der Justizbehörde hervor, die der taz vorliegen.
Danach werden vor allem Jugendliche und Heranwachsende immer häufiger zu Strafen ohne Bewährung verurteilt. Wurden 2001 noch 180 unter 21-Jährige von den Jugendrichtern zu Jugendstrafen ohne Bewährung verurteilt, so stieg die Zahl danach deutlich an: 2002 wurden 321 Heranwachsende und Jugendliche zu Strafen ohne Bewährung verurteilt, 2003 immerhin noch 304.
Immer häufiger erfolgen auch Verurteilungen von 18 bis 21-Jährigen nach dem Erwachsenenstrafrecht. Wurde im Jahr 2000 nur auf 8,85 Prozent der verurteilten Jungerwachsenen nicht das mildere Jugendstrafrecht angewandt, lag die Verurteilungsquote nach Erwachsenenstrafrecht im Jahr 2002 mit 17,74 Prozent fast doppelt so hoch. Sie sank im vorigen Jahr allerdings wieder leicht auf 13,57 Prozent.
Da die Zahl der Verurteilungen jugendlicher Straftäter insgesamt zunahm, stieg in den vergangenen beiden Jahren auch die Zahl der Verurteilungen nach Jugendstrafrecht leicht an: von 1.756 anno 2001 auf 1.904 im abgelaufenen Jahr. Die Zahl der gegen Jugendliche und Heranwachsende von den Gerichten ausgesprochenen Zuchtmittel nahm ebenfalls leicht zu: von 880 im Jahr 2001 auf 1.045 im Jahr 2003.
Vergleichbare Entwicklungen weisen die Statistiken der Justizbehörde für den Bereich der Drogenkriminalität aus. Lag die Zahl der wegen Verstößen gegen das Betäubungsmittelgesetz Verurteilten 2001 und 2002 noch bei knapp über 1.000, so stieg sie in den beiden vergangenen Jahren um etwa 80 Prozent auf zuletzt 1.877 Verurteilungen.
Mit dieser Entwicklung korrespondiert die Anzahl der Anklagen im Bereich der Drogendelikte. 2.831 Mal wurde 2003 Anklage gegen mutmaßliche Drogenhändler erhoben; 605 Mal mehr als noch im Jahr zuvor. Als einen Grund für die vermehrten juristischen Aktivitäten im Bereich der Betäubungsmitteldelikte sieht die Innenbehörde den verstärkten polizeilichen Einsatz gegen Straßendealer.
Wie aus der Antwort des Senats auf eine kleine Anfrage der innenpolitischen Sprecherin der GAL-Fraktion, Antje Möller, hervorgeht, liegt die Zahl der Brechmitteleinsätze seit zwei Jahren konstant hoch bei einem knappen Dutzend pro Monat. So wurden zwischen dem 26. Oktober 2003 und dem 19. April 2004 insgesamt 68 Brechmitteleinsätze durchgeführt. Auffällig dabei: Die meisten Verdächtigen widersetzen sich der Maßnahme nicht. Nur in vier Fällen wurde „unmittelbarer Zwang“ ausgeübt, kein einziges Mal kam eine Magensonde zum Einsatz. Gesundheitsbeeinträchtigende Zwischenfälle sind dem Senat nicht bekannt. Allerdings wurden bei exakt jedem vierten Brechmitteleinsatz keine Drogen zutage gefördert: Ein Viertel der zur Aufnahme des brechreizauslösenden Sirups Gezwungenen war also zu Unrecht verdächtigt worden.
Die verstärkten polizeilichen und juristischen Maßnahmen führen allerdings nicht zu weniger Kriminalität in Hamburg. Die Zahl der registrierten Straftaten nahm in der Hansestadt im vergangenen Jahr um 0,8 Prozent zu – 271.393 Delikten 2003 standen 269.121 Delikte im Jahr zuvor gegenüber. Im bundesweiten Vergleich der erfassten Straftaten pro Einwohner liegt Hamburg damit laut der jetzt in Berlin veröffentlichten polizeilichen Kriminalstatistik weit vorne: Hinter Frankfurt und Berlin auf Platz drei im Vergleich der Großstädte, auf Rang zwei hinter der Bundeshauptstadt im Vergleich der Bundesländer und Stadtstaaten.