Sinnloses Derby am Rhein

Am Wochenende steigt das vorerst letzte Derby Bayer Leverkusen gegen den 1. FC Köln. Nach ihrem desaströsen Abstieg bleibt den Kölner Fans dabei nur noch das Festhalten an der Tradition

Ein Wechsel von Bayer hinüber zu den Geißböcken scheint indes völlig ausgeschlossen

VON KAY AUSTER

Leverkusen gegen Köln: das rheinische Derby, hat sportlich in dieser Saison seinen Reiz verloren. Der FC ist abgestiegen und die Kicker vom Bayer-Kreuz schweben in völlig anderen Dimensionen. Echter Konkurrenzkampf sieht anders aus. Das wahre rheinische Derby gibt es für die Fans in der Domstadt nur noch gegen die Borussia aus Mönchengladbach, da man sich mit ihnen auf Augenhöhe oder zumindest in Sichtweite befindet und jede Menge Tradition und Respekt mitschwingt.

Für viele Kölner ist Leverkusen nicht mehr als ein Vorort ihrer rheinischen Metropole. Der ansässige Verein gilt bis heute als verhasster Retortenklub des Chemieriesen Bayer, ohne Tradition. Der Konzern-Mief stößt vielen in Köln noch bitter auf. „Pillendreher“ oder „Aspirin- Kicker“ gehören noch zu den harmloseren Bezeichnungen, die sich die Fans haben einfallen lassen.

Zusätzlich zur regionalen Rivalität mischt sich in die Kölner Fußballseele seit längerem schon ein gewisser Neid auf eben jene Ballartisten, die anders als in der eigenen Mannschaft hinten den Laden dicht halten und vorne das Tor treffen können. Bei aller Trauer um den neuerlichen Abstieg wissen die Fans in Köln aber sehr wohl, was dort beim Konkurrenten unter dem Bayer-Kreuz für eine Arbeit geleistet wird. Spieler der Güte Lucios durfte man im eigenen Stadion und Trikot schon länger nicht mehr bewundern. Da bleibt dem Kölner Fan nichts anderes als Häme, denn dass Bayer Leverkusen sportlich mittlerweile Lichtjahre enteilt ist, kann selbst die dickste Vereinsbrille nicht verklären.

Beim Länderspiel im März gegen Belgien skandierte der örtliche Fanblock im Kölner RheinEnergieStadion, bei der Einwechslung von Oliver Neuville und der Auswechslung von Bernd Schneider jeweils lautstark „Scheiß Leverkusen!“ und machte selbst bei einem Spiel der Nationalmannschaft deutlich, was es von den Kickern der „dunklen Seite“ der Macht – sprich Rhein – hält.

Köln und Leverkusen das passt einfach nicht zusammen. Spieler, die mal bei einem der beiden Vereine tätig waren, zog es nur selten zum jeweiligen Konkurrenten. Bernd Schuster war eher die Ausnahme. Ein Wechsel von Bayer hinüber zu den Geißböcken scheint indes völlig ausgeschlossen. Dirk Lottner wurde nach seinem Gastspiel in Leverkusen von Kölner Fan-Schelte verschont, da er ja schließlich vom Lokalrivalen Fortuna nach Leverkusen wechselte. Verärgert registriert man da schon eher, dass Ikonen der kölschen Fußball-Kultur wie Littbarski, Schuhmacher, Steiner oder Kohler dem verhassten Rivalen gute Dienste erweisen oder erwiesen haben.

Es gibt ohnehin nur einen „von denen“, der ungestraft wieder beim FC anheuern dürfte und auf die volle Unterstützung der Kölner Fans bauen könnte: Christoph Daum. Mit ihm verbinden sie in Köln bessere Tage. Ihn würden die meisten FC-Fans gerne wieder als Trainer ihres Vereins sehen, wenn 2005 sein Vertrag in der Türkei ausläuft und ihm den „Ausflug“ nach Leverkusen verzeihen.

Für FC-Spieler Alexander Voigt – als gebürtiger Kölner ebenfalls mit einer “natürlichen“ Aversion gegen den Bayer-Klub ausgestattet – ist das Spiel ein Saison-Highlight. „Für mich ist es etwas Besonderes. Das ist kein Spiel wie jedes andere“, sagt der 26-Jährige. Für Daniel Scheuer, den Vorsitzenden des FC-Fanklubs „Kölsche Tugend“, bleibt die Gewissheit, den neuerlichen Abstieg „immerhin gegen den FC Bayern perfekt gemacht zu haben, statt diese Schmach nach einem Spiel gegen Bayer Leverkusen erleiden zu müssen. Diese Genugtuung gönnen wir denen nicht“. Von Rivalität kann für ihn ohnehin keine Rede sein. „Wenn wir FC-Fans nach Leverkusen fahren, können wir über den Bayer-Fanblock nur lachen. Da ist ja keiner“, sagt er hämisch.