Jugend entdeckt die Blaue Muschel wieder

Das Kölner „Blue Shell“ an der Luxemburger Straße feiert Jubiläum: Seit 25 Jahren ist es Treffpunkt der jeweils angesagten und anfangs auch schlagfertigen Musikszene. Nur in den Neunziger Jahren gab es eine kleine Flaute

KÖLN taz ■ Randale und Liebe im Kölner Nachtleben? Im „Blue Shell“, das ab kommenden Montag täglich eine Woche lang seinen 25. Geburtstag unter dem Motto „Von der Provokation zur Institution“ feiert, kann man dies erleben. Zumindest am Dienstag als historische „Nabelschau“ im Film „Randale und Liebe“: Thomas Schmitt, seit 1995 Professor an der Kölner Kunsthochschule für Medien, drehte den Film 1981 im Blue Shell und der näheren Umgebung der Luxemburger Straße. 1979 von Frank Schauhoff gegründet, war der Club in kürzester Zeit zum Treffpunkt für Punks, Teds und Rocker geworden. Schmitts Dokumentation wird inzwischen sogar von der Bundeszentrale für politische Bildung gelistet.

In den 80er Jahren war das Blue Shell regelmäßig Anlaufstelle für die gerade angesagten Subkulturen. Damit verband sich vor allem am Anfang auch reichlich Ärger. Die soliden Eisenstühle, die wie das gesamte Ursprungs-Inventar noch heute zur Einrichtung der Kneipe zählen, flogen nicht selten durch den in kühlem blau gehaltenen, neonbeleuchteten Raum. Als Schauhoffs Nachfolger, Udo Baur, in den 90er Jahren versuchte, mit elektronischer Musik ein neues Publikum zu gewinnen, blieb zwar die Randale aus – aber teilweise auch das Publikum.

Mit der wilden Geschichte machte sich das Blue Shell auch beim Ordnungsamt keine Freunde. Dort hatte man die Veränderungen des Publikums lange nicht zur Kenntnis nehmen wollen und erschwerte 1994 das Leben der Betreiber durch hohe Schallschutzauflagen und eine lange Zeit verweigerte Außengastronomie- und Live-Konzession. Seit 1998 dürfen nun vor der Türe Tische und Bänke aufgestellt werden. Und Dank der Beharrlichkeit und dem Zuspruch durch das Kulturamt, mit dem man schließlich auch immer wieder – beim „Battery Park“ oder der Popkomm – zusammengearbeitet hat, hat das Blue Shell nun auch nach langen Jahren wieder eine Genehmigung, die ganz unkompliziert „Live-Darbietungen jeglicher Art“ erlaubt.

Vor allem darauf ist Rolf Kistenich, der 10 Jahre lang Mitarbeiter und DJ im Blue Shell war, bevor er den Laden im letzten Jahr von Udo Baur übernahm, stolz. Darauf und in diesem Zusammenhang auch auf eine Rückbesinnung auf die Rockmusik baut Kistenich seinen Optimismus für die Zukunft auf. Denn im Rahmen des omnipräsenten Rockrevivals findet sich auch wieder junges Publikum ein. Ganz wie in den Zeiten des berüchtigten Bermuda-Dreiecks zwischen Rose Club, Luxor (heute Prime Club) und Blue Shell, als sich die Indie-Rock-Stars nach ihren Gigs in den beiden benachbarten Clubs zum würdevollen Absturz im Blue Shell einfanden.

Heute findet man hier weniger die alten Stars, sondern kann im Blue Shell junge Bands aus der Umgebung kennen lernen (jeweils Sonntag und Montag). Die traditionsreichen Vorführungen von Musikfilmen (Mittwoch), Billardturniere und Lesungen wird es aber weiterhin geben. Christian Meyer

Blue Shell, Luxemburger Str. 32, Köln, Tel. 0221/23 12 48 Die Jubiläumswoche beginnt am 10. Mai, 22.30 Uhr, mit Helter Skelter und Timid Tiger & A Pile of Piper 11. Mai, 22 Uhr: „Randale und Liebe“ 16. Mai, 20 Uhr: „Faul, aber zauberhaft: Manuel Muertes metaphysisches Kabinett“