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Archiv-Artikel

Dem Glamour-Girl droht der Absturz

Weil sie die Kritik der Finanzaufsicht fürchten, wollen die WestLB-Chefs ihre Starbankerin Robin Saunders loswerden

Robin Saunders ergeht es wie anderen Popstars. Nach einem medialen Höhenflug bis in den Sternenhimmel folgt der dramatische Absturz in die Hölle. Noch im vergangenen Jahr wurde die Londoner Investmentbankerin auch von ihrem deutschen Arbeitgeber, der WestLB, gefeiert und mit einer Erfolgsprämie von umgerechnet 17 Millionen Euro belohnt, jetzt steht Saunders vor der Kündigung.

Die britische und deutsche Boulevardpresse liebte das „Glamour-Girl des Londoner Finanzdistrikts“ und umjubelte die blonde Heldin in der finsteren Männerdomäne als „erfolgreich“, „anziehend“, „vermögend“. Nie leuchtete ihr Stern heller als im Juni 2002, als sie in Florenz ihren zehnten Hochzeitstag, vierzigsten Geburtstag und die Taufe ihrer Zwillinge feierte. Angeblich kostete die Megapartie 400.000 Pfund. Aber es waren nicht allein ihr Glamour und die weibliche Sonderrolle – neben ihr gibt es in Englands Finanzkapital nur noch die Börsenchefin Clara Furse –, die Saunders zur Starbankerin aufsteigen ließen. Die in Florida aufgewachsene Amerikanerin hatte 1998 bei der WestLB in London angeheuert. Sie sollte der staatlichen Landesbank aus Düsseldorf beibringen, wie frau aus maroden Unternehmen richtig Kohle herausschlägt. Und sie war erfolgreich. Sie vergab einen millionenschweren Kredit an den Firmenschlächter Philip Green für den Kauf der Bekleidungskette BH. Kaum gekauft, wurde die Firma zerlegt und profitabel verscherbelt. Saunders soll seither dicke Dividenden vom dankbaren Green beziehen.

Auch als Formel-1-Boss Bernie Ecclestone Pleite ging, rettete Saunders ihn mit einer 1,5 Milliarden schweren Anleihe und sicherte der international bis dahin drittklassigen WestLB fette Provisionen. Obendrein erlöste sie ein englisches Nationalheiligtum, das Wembley-Stadion. Nachdem niemand den Neubau finanzieren wollte, trat Saunders auf und siegte mit einer komplizierten Finanzstrategie gegen die ängstlichen City-Banker.

Dass Star Saunders nun die Kündigung ins Haus steht, ist scheinbar die Quittung für eine Beteiligung am Leasingunternehmen BoxClever. Dessen Leasinggeschäfte laufen schlecht und kosteten die WestLB 430 Millionen Euro. Die Bundesfinanzaufsicht BaFin bemängelte zu lasche Kontrolle. Geschlafen hatte jedoch nicht nur Saunders: So fanden die Wirtschaftsprüfer von PwC noch im Februar alles prima in London. Auch mehrere Vorstände der WestLB waren involviert, unter anderem der gänzlich unpopuläre WestLB-Boss Jürgen Sengera. Bis gestern hatte der jedoch noch darauf gesetzt, dass eine Kündigung von Saunders die Anteilseigner befriedigen und er so seinen eigenen Kopf retten könnte. Dabei war es doch letztlich der grauhaarige Bankchef selbst, der dem Haus für 2002 ein Milliardenminus beschert hatte. Das war offensichtlich auch dem Aufsichtsrat klar, der Sengera gestern seines Amtes enthob.

Die Zwillingsmutter Saunders, zu deren möglicher Demission es gestern noch keine definitive Nachricht gab, ließ sich indes nicht entmutigen. Sie trumpfte selbst offensiv auf. Sie bereite den Kauf der von ihr verwalteten WestLB-Sparte für 170 Millionen Euro vor, ließ sie ihre Fangemeinde wissen. Wahrscheinlich nur eine Finte, aber sie dürfte das gefallene Glamour-Girl in der Gunst des Boulevards wieder hochspülen.

HERMANNUS PFEIFFER