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Archiv-Artikel

„Frauen haben keine Absicherung mehr“

Der Kanzler hat kein Herz für Frauen, meint Renate Rubach vom Vorstand der Katholischen Frauengemeinschaft

Der Kanzler hat kein Herz für Frauen, behaupten Sie mit Ihren verspäteten Muttertags-Postkarten. Warum?

Renate Rubach: Wir haben auf unserer Bundeskonferenz im März die Hartz-Gesetze genauer studiert. Das war keine erbauliche Lektüre. Nach diesen Gesetzen werden Frauen derart benachteiligt, dass wir uns zu der Kampagne entschlossen haben.

Was genau kritisieren Sie?

Viele Frauen arbeiten halbtags oder weniger. Das sind alles Arbeiten, die jetzt als Mini- oder Midi-Jobs angeboten werden. Dadurch haben die Frauen keine soziale Absicherung mehr, etwa im Alter. Mit den Summen, die da in die Rente eingezahlt werden, erreichen Sie später nicht mal mehr das Sozialhilfeniveau.

Die Regierung sagt umgekehrt, dass Minijobs jetzt erstmals abgesichert sind.

Das nützt aber gar nichts. Die Regierung sagt nun: Toll, wie viele Frauen jetzt arbeiten. Dabei sind das alles prekäre Jobs. Damit sind die Frauen auf die ZuverdienerInnen-Rolle abonniert. Wenn diese Ehen getrennt werden, dann haben die Frauen keine Absicherungen. Das erlebe ich gerade am eigenen Leib. Ich bin auch getrennt und werde kaum Rente bekommen.

Dieses Gesetz ist schon beschlossen. Soll auch an den kommenden Hartz-Gesetzen noch etwas geändert werden?

Allerdings. Zum Beispiel soll nach der Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe die Zeit, in der Menschen Angehörige pflegen, nicht mehr als Anwartschaft für das Arbeitslosengeld zählen. Das ist skandalös. Als sei Pflege keine Schwerstarbeit. Auch dass Frauen keine Ansprüche auf Arbeitslosengeld mehr haben, wenn ihr Mann genug verdient, ist schlecht.

Ihre Bischöfe haben kürzlich ein Sozialwort veröffentlicht. Darin hieß es sinngemäß: Reform muss sein. Haben die die Frauen auch vergessen?

Das kfd-Präsidium hat kritisiert, dass dieses Papier ein Rückschritt gegenüber dem Sozialwort von 1997 bedeutet, das ausdrücklich die Chancengerechtigkeit zwischen Frauen und Männer thematisiert hat. In dem neuen Papier fehlt eine solche Aussage. Die Benachteiligung der Frauen im Erwerbsleben und deren Auswirkungen auf die sozialen Sicherungssysteme werden verschwiegen. Aber in erster Linie wenden wir uns jetzt an die Frauen.

Haben Sie von denen schon Reaktionen gehört?

Wissen Sie, die Frauen sind alle selbst betroffen. Viele sind an der Grenze zur Rente und bekommen fast nichts. Denen sind die Probleme sonnenklar. Die machen mit Sicherheit mit.

Sollen die Bischöfe nun auch Herzen verschicken?

Daran haben wir noch nicht gedacht. Das werde ich mal im Vorstand erörtern.

INTERVIEW: HEIDE OESTREICH