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Archiv-Artikel

An einem Tisch

Ein Friedenspreis, zwei Preisträger: Osnabrück vergibt heute den Erich-Maria-Remarque-Friedenspreis

Von kli

Ein Israeli und ein Palästinenser teilen sich in diesem Jahr den Erich-Maria-Remarque-Friedenspreis der Stadt Osnabrück: Der 65-jährige Psychologie-Professor Dan Bar-On und der 62 Jahre alte Dichter Mahmud Darwish.

„Beide haben ihr Werk auf eindrucksvolle Weise den humanitären Folgen von Unterdrückung und Gewalt gewidmet“, urteilte die Jury. Heute um 11 Uhr wird die mit insgesamt 20.000 Euro dotierte Auszeichnung der Stadt Osnabrück im Friedenssaal des Rathauses verliehen. Um 18 Uhr folgt die literarisch-musikalische Soiree „Wir haben ein Land aus Worten“ mit Dichtungen von Darwish und Musik des Berliner Komponisten Farhan Sabbagh.

Nach Einschätzung der Jury gilt Darwish als bedeutendster Schriftsteller Palästinas und Anwärter auf den Literaturnobelpreis. Viele sähen in ihm den wichtigsten arabischen Gegenwartsautor. Sein lyrisches Werk sei eng mit der Leidensgeschichte seines Volkes verbunden, sein eigenes Leben geprägt von Vertreibung, Exil und Besatzung. Mit seinem Gedichtband „Olivenblätter“ und der Sammlung „Ein Liebender aus Palästina“ erwarb sich Darwish den Ruf eines politischen Widerstandsdichters, der das Hebräische als Brücke zur Weltliteratur nutzt.

Dan Bar-On lehrt an der Ben-Gurion-Univerität in Beer-Sheva. Seine wissenschaftliche Arbeit als Trauma-Experte ist als aktive Friedensforschung zu verstehen. Der Kodirektor des Peace Research Institutes of the Middle East wurde bekannt, als er 1992 in Wuppertal die Nachkommen von Nazi-Tätern und Holocaust-Opfern an einen Tisch brachte. Der Erfahrungsaustausch zeigte, wie sich die aus Verdrängung und Verschweigen resultierenden Leiden der Beteiligten ähneln. Daraus entwickelte Dan Bar-On ein Modell der Identitätsbildung durch Anerkennung der Geschichte des Anderen.

Der Remarquepreis wird seit 1991 alle zwei Jahre verliehen, sein Namenspatron, der Schriftsteller Erich Maria Remarque, wurde in Osnabrück geboren. Gewürdigt werden belletristische, journalistische und wissenschaftliche Arbeiten, die sich mit innerem und äußerem Frieden auseinandersetzen. Unter den bisherigen Preisträgern sind Lew Kopelew, Hans Magnus Enzensberger, Uri Avnery und zuletzt die russische Schriftstellerin Swetlana Alexijewitsch. kli/dpa