fußpflege unter der grasnarbe
: Aus BRDaric wird nichts werden

Obwohl Thomas Brdaric allein schon wegen der ersten drei Buchstaben seines Familiennamens prädestiniert wäre, am kommenden Montag von Rudi Völler in den EM-Kader berufen zu werden, wird daraus wohl nichts werden.

Hannover 96, das für Fredi Bobic in der vergangenen Saison Sprungbrett zurück in die deutsche Auswahl war, wird keinen zweiten Nationalspieler vorzeigen können, ganz abgesehen davon, dass Brdaric bislang nur ausgeliehen ist von Bayer Leverkusen. Wie Bobic seinerzeit hat Brdaric Nachzählbares zum Klassenerhalt der Roten beigetragen, „Tore sprechen lassen“, wie eine gern genommene Formulierung lautet.

Nach Martin Max, der ebenfalls durchs Raster fällt, ist er der erfolgreichste Torschütze mit deutschem Pass. Wäre das ein Grund, ihn zu berufen? Nur für die, deren einziger Grundsatz „wichtig ist auf'm Platz“ lautet. Denkwürdig bleibt zum Beispiel Hannovers 1:2-Niederlage gegen Schalke im Oktober. Brdaric flog vom Platz, provoziert von Schalkes Torhüter Frank Rost, der hinterher sagte: „Der geht mir schon lange auf den Sack.“ Brdaric sei einer, der während des Spiels „private Dinger unter der Gürtellinie gegen die Mitspieler rauslässt.“ Was genau, das könne er gar nicht sagen, sonst dürfe „Ihre Zeitung“ nur an Leute über 18 verkauft werden.

Ob Rost die Wahrheit sagte, sei dahingestellt. Beweisbar ist, dass Brdaric seine dünne Stimme erhob und eine Single vollsang: „Lieber Frank, es tut mir leid, deshalb mach' ich mal 'ne Pause / Dass ich böse zu dir war, wird mir jetzt erst richtig klar / Du hast im Interview geweint und Mutti holte dich nach Hause / Fußball ist ja so gemein und im Tor fühlst du dich oft allein.“

Ähnlich brillant formulierte Verse richtete Brdaric an Lehmann und Kahn (“ein liebenswertes Tier“), der ihn berserkerhaft angegangen war in einer Szene, die es ins Bilder-Repertoire der Liga geschafft hat. These: Brdaric hätte zehn Tore mehr als Ailton schießen können, durch sein Geträllere hat er auf absehbare Zeit, Pardon, verschissen. Wohlweislich ist der Liedtext auf Brdarics „Official Web-Site“ nicht zu finden, dafür war in der Woche nach Hannovers 3:0-Sieg über Eintracht Frankfurt – zweifacher Torschütze: Thomas Brdaric – in der Rubrik „News“ noch eine Botschaft aus dem April zu lesen.

Ob aus Versehen stehen geblieben, ob aus strategischen Gründen, so oder so – sie war aufschlussreich und an Hannover 96 gerichtet. Es sei „langsam Zeit“ für Gespräche, denn „andere Vereine sind schon längst dran und haben schon Fühler ausgestreckt“. Zwar fühle sich „Tommy“ bei 96 „super wohl und würde, wenn es nach ihm ginge, auch bleiben wollen“, es gebe „eine gute Ausgangsposition für eine weitere Zusammenarbeit. Doch in diesem Geschäft zählen kaum noch Emotionen und Moral. Meist geht es um das verdammte Geld, und vielmehr kaum um eigene Interessen.“

Auch über diese Sätze ließe sich philosophieren, doch sie sind inzwischen getilgt, stattdessen Gespräche angekündigt zwischen Brdarics Berater und 96-Präsident Kind. Bis jetzt habe sich Brdaric „auf den Klassenerhalt konzentrieren“ wollen.

Man wird sich einigen, das ist jedenfalls weitaus wahrscheinlicher als Brdarics Mitwirken bei der EM.