Silberpfeil an der Box

Siemens muss 400 Straßenbahnen vom Typ Combino zurückrufen. Auch die Rheinbahn ist betroffen

DÜSSELDORF taz ■ Die Silberpfeile funktionieren nicht: Der Straßenbahnhersteller Siemens muss sämtliche 400 ausgelieferten Straßenbahnen vom Typ Combino für eine Vollsanierung zurückrufen. Risse in der Karosserie und falsch konstruierte Aufbauten könnten bei Unfällen zu einem Einsturz der Fahrzeugdächer führen, berichtet die Rheinische Post. Demnach müssen die Bahnen mit Ausnahme des Räderwerks komplett neu gebaut werden.

Von den Schäden betroffen ist unter anderem die Düsseldorfer Rheinbahn, die 51 Combino-Silberpfeile besitzt. Der Siemens-Kunde fordert nun eine schnelle Überholung der Züge: „Die Bahnen müssen drastisch angepackt werden, mit ein paar Nachbesserungen ist es nicht getan“, sagt Rheinbahn-Sprecher Eckhard Lander. Wie hoch der Schaden für die Rheinbahn sein wird, kann er noch nicht beziffern. Noch sei unklar, wie lange die Sanierung dauere und die Rheinbahn auf ältere Straßenbahnmodelle ausweichen muss. Lander geht jedoch davon aus, dass Siemens für die Mehrkosten aufkommen wird. „Wir haben dahingehend eine schriftliche Absichtserklärung des Unternehmens“, sagt er.

Schon jetzt streitet die Rheinbahn mit Siemens vor Gericht um die Übernahme von Reparaturkosten in Millionenhöhe wegen Schäden eines älteren Straßenbahnmodells. Trotz allem will man aber weiter mit Siemens zusammenarbeiten: Für das Jahr 2006 sind 15 weitere Bahnen bestellt, weitere 61 sollen folgen. Kostenpunkt: 159 Millionen Euro. „Wenn die Dinger laufen, sind ja alle zufrieden. Das sind schon Schmuckstücke“, sagt Lander.

Für Siemens wird der Neuaufbau seiner 400 Schmuckstücke ein teures Vergnügen. Bei Stückkosten von über zwei Millionen Euro pro Fahrzeug dürften die für Reparaturkosten zurückgelegten 296 Millionen Euro kaum ausreichen – vom Imageschaden abgesehen. In der Frage der Kostenübernahme äußert sich Siemens-Sprecherin Lesley Fiona Nicol ausweichend: „Wir stehen zu unserer Verantwortung. Allerdings werden wir genau prüfen, was wir in den einzelnen Verträgen festgelegt haben.“

Ob Siemens in Zukunft weitere Silberpfeil-Bestellungen aus Nordrhein-Westfalen erhalten wird, ist fraglich. Die Bochum-Gelsenkirchener Straßenbahnen AG (BoGeStra), die ihre Straßenbahnflotte ab dem Jahr 2006 für 80-90 Millionen Euro vergrößern will, wollte Presseberichte weder bestätigen noch dementieren, denen zufolge Siemens keine Chance auf den Zuschlag habe. Siemens-Sprecherin Nicol zeigt sich jedenfalls skeptisch: „Momentan denken wir nicht an den nächsten Großauftrag. Wir wissen, was zur Zeit unsere dringendste Aufgabe ist.“

KLAUS JANSEN