Dinge beim Namen nennen

Betr.: „Auch Kitas kriegen eine GmbH“, taz Bremen vom 23.4.2004

Aus bremischen Behörden sprießen die GmbHs wie der Spargel aus dem Boden – doch schmecken diese Gebilde im Unterschied zum leckeren Frühlingsgemüse augenscheinlich nur den Politikern selbst. Das Publikum und die betroffenen Kunden sind schwer davon zu überzeugen, dass die trickreicheren Gründungen neuer Gesellschaften wirklich die Spareffekte bringen, die von den Politikern versprochen werden.

Das Misstrauen der Bürger hat gute Gründe: Trotz einer Unzahl von ausgelagerten Gesellschaften, die vorgeblich alles billiger bewerkstelligen sollten als der öffentliche Dienst, gibt es keine schlüssigen und ungeschminkten Belege dafür, dass durch sie die Staatsfinanzen insgesamt entlastet worden wären – die Lücken im Etat sind größer als je, die durch die Gesellschaften provozierten Zukunftsschulden nehmen immense Ausmaße an. Das Misstrauen des Publikums nährt sich, wenn ich es recht wahrnehme, nicht zuletzt aus dem Sprachgebaren der Politiker und den verzerrten Versprechungen, die wir jeden Tag lesen und hören müssen: Abbau von Sozialleistungen heißt „Sozialreform“, das Vermehren öffentlicher Schulden wird zur „Haushaltssanierung“, das Mindern von Rechtsansprüchen (z.B. behinderter Kinder) ist Ergebnis „verbesserter Diagnostik“, das Aufweichen des Kündigungsschutzes „schafft neue Arbeitsplätze“, Ausscheren aus Tarifverträgen in neuen GmbHs wird zum „Effizienzgewinn“. Es ist redlicher, die Dinge bei ihrem richtigen Namen zu nenen: In GmbHs werden die Beschäftigten in der Regel auf Dauer schlechter bezahlt, die Geschäftsführer besser, Ausgliederung staatlicher Dienste dient dem Verstecken von Schulden, nicht dem Vermindern.Gerhard Tersteegen, Bremen