: „Es kann kein Weiter-so geben“
Wie soll Bremen als Kulturhauptstadt punkten? Wo soll die Stadt investieren, wo sparen? „Wir warten bis heute auf ein qualifiziertes Papier“, sagt der Finanzsenator. Aber nur wenn das politisch geklärt sei, gebe es den Kulturhauptstadt-Fonds
Finanzsenator Ulrich Nußbaum (parteilos) und sein Amtsvorgänger Hartmut Perschau (CDU) sind sich nicht grün, das ist bekannt. Reibungspunkte gab es schon beim Streit um die verschleppten Kanzlerbrief-Verhandlungen. Aktuelles Streit-Thema ist der 8,5-Millionen-Fonds für Kulturhauptstadt-Investitionen. „Ich kann ja nicht an die Bildungsträger-Gesellschaft andere Kriterien anlegen als an die Kulturhauptstadt“, sagt Nußbaum. Schon im Januar sollte Perschaus Kulturressort ein Kultur-Entwicklungskonzept vorlegen, das Grundlage für Spar- und Investitionsentscheidungen sein könnte.
taz: Der Topf Kulturhauptstadt – 8,5 Millionen Euro – soll sich wie eine Investition rechnen. Ist das wieder einer dieser Taschenspielertricks mit dem Wort Investition?
Ulrich Nußbaum, Finanzsenator: Das ist kein Taschenspielertrick. Es sollen investive Mittel sein, das ist klar.
300.000 Euro aus diesem Topf sind dem Waldau-Theater angeboten worden plus die Miete für die Kammerphilharmonie.
Mit mir ist da keiner im Gespräch, dafür ist der Topf auch nicht da. Abgesehen davon kann ich mir auch nicht vorstellen, dass für diese paar Proben, die die Kammerphilharmonie dort macht, 150.000 Euro fällig werden sollen.
Die hat ihren Probenraum oben im Waldau-Theater, der von der Stadt finanziert worden ist, aber das Geld ist an den Waldau e.V. gegangen ...
Es ist richtig, dass dort für zwei Millionen Euro investiert worden ist aus Mitteln der Stiftung Wohnliche Stadt und des Wirtschaftsressorts. Leider hat man vergessen, wie das eigentlich üblich sein sollte, sich dafür eine Absicherung im Grundbuch eintragen zu lassen. Die Immobilie ist im Konkursverfahren, die Stadt hat keinen Zugriff mehr auf die von ihr geleistete Investition in das Gebäude.
Das bedeutet: Fürs Waldau-Theater gibt es aus dem Kulturhauptstadt- Fonds nichts?
Wir stehen jetzt vor der Frage: Wie gehen wir mit dem Fonds um? Wir haben vor einem Jahr gesagt, dass der Kulturetat sich wie alle anderen den Spar-Anstrengungen unterziehen muss. Für die Kulturhauptstadt-Bewerbung müssen Mittel zur Verfügung stehen, die dürfen aber nicht zum Stopfen von allgemeinen Löchern benutzt werden. Es sollte einen Kulturentwicklungsplan geben, der genau beschreibt, welche Bereiche gestärkt werden und welche schwächeren Bereiche nicht mehr finanziert werden sollten. Es kann nicht mehr für alles Geld da sein.
Das Papier sollte vor fünf Monaten vorgelegt werden?
Genau. Wir warten bis heute auf ein qualifiziertes Papier zu dem Thema. Aber nur auf der Grundlage könnte man dann die regionalwirtschaftlichen Effekte von Investitionen bewerten.
Sind bei der Kulturbehörde Prioritäten-Setzungen erkennbar?
Das würde ich mir wünschen. Es kann kein „Weiter so wie bisher“ geben. Es muss in der Bremer Kulturlandschaft zu einer Fokussierung kommen und zu einer öffentlichen Diskussion darüber. Das anzustoßen wäre die originäre Aufgabe der Kulturbehörde. Auf dieser Basis wollen wir 8,5 Millionen investieren.
Im vergangenen Dezember sind drei Adressen genannt worden, die nicht mehr wie bisher gefördert werden sollen: das Kito, das Waldau- und das Schnürschuh-Theater.
Alle drei sind jetzt wieder auf der Liste. Soweit ich das höre, ist nur das Waldau-Theater übrig geblieben, aber auch das nicht ganz.
Der Kultursenator erklärt, er würde sich freuen, wenn es weiter bestehen könnte, nur hätte er das Geld dafür gestrichen.
Ich will das eigentlich nicht an einzelnen Fällen diskutieren. Auch die Projektförderung kann keine Summe von Einzelfällen sein. Da sagt der eine: Wenn du ein rotes Projekt willst, habe ich hier ein schwarzes. Und dann gibt es den Proporz der Stadtteile. Jeder, der laut schreit, kriegt 100.000 Euro und wer gute Interessenvertreter hat, kriegt 200.000 Euro. Das kann es nicht sein. Es muss erst einmal einen Wurf geben, ein Konzept für die Kultur in Bremen unter stark begrenzten Haushaltsmitteln. Das muss öffentlich und kontrovers diskutiert werden.
Sie halten ein dickes Stück Speck hin und sagen: Die 8,5 Millionen kriegt ihr erst, wenn ihr euer Profil definiert habt.
So war es gedacht, ja. Leider sind wir heute noch weit von dem inhaltlichen Prozess entfernt. Sicher wird das Konflikte geben, aber als Politiker muss man da durch. Die Kriterien, nach denen bestimmte Projekte der Kultur gefördert werden und andere nicht, müssen transparent gemacht werden. Fragen: kawe