Das ordentlich tiefe Brett

The Duke Spirit gehören nicht zur allerersten Garde. Das könnte sich allerdings ändern. Alle prominenten Plattenhändler der Stadt ließen sich beim Konzert im Lido blicken. Fehlt nur noch die alles überragende Songidee

Auftritt einer Aspirantenband in Sachen Rock. The Duke Spirit haben sich im Jahr 2003 zusammengefunden, haben zwei Alben herausgebracht, und zählen trotz des bandinternen Aufwands, trotz der prächtigen Frisuren und trotz der Tatsache, dass mit Liela Moss (nicht mit Kate verwandt) eine blonde Schönheit am Mikrofon steht, nicht zur allerersten Garde. Nicht in England, nicht hier. Was sich aber allmählich ändern könnte. Das Lido war schon mal nahezu ausverkauft am Dienstagabend, die Leute kamen erstaunlicherweise in Strömen, alle prominenten Plattenhändler der Stadt ließen sich blicken. Und es war weiß Gott nicht so, dass sich nur männliche Zuschauer eingefunden hätten, des Hot Babes am Mikro wegen. The Duke Spirit sind also schon mehr als ein Geheimtipp. Warum es aber noch nicht wirklich geklappt hat, in Konkurrenz zu beispielsweise The Kills zu treten, wurde auch offenbar. Wenn auch äußerst subtil.

The Duke Spirit sind vier Männer und eine Frau. The Duke Spirit haben einen Schlagzeuger, der gerne auf die große Tom haut, die vom Mischer dann besonders abgenommen wird. Olly Betts heißt der. Er spielt ein Rockschlagzeug, ordentlich, kräftig und relativ einfallsreich. Mit Größen wie dem kürzlich verstorbenen Mitch Mitchell, dem Schlagzeuger von Jimi Hendrix, der ursprünglich ein Jazzschlagzeuger war und deshalb den unkonventionellen Break wie kein Zweiter beherrschte, kann er sich natürlich nicht messen. Den Bass spielt Toby Butler, und er spielt ihn gut. Der Bass passt sich nämlich den Breitwandgitarren der beiden Gitarristen an, und wenn er die Basis des Stücks ausmacht, dann brätzt er schön. Die Breitwandgitarren werden vom Freund der Sängerin, Luke Ford, und Exmitbewohner Dan Higgins gespielt. Die beiden haben ordentlich Jesus-and-Mary-Chain-Platten verinnerlicht, trauen sich zwar das große Feedback nicht zu, können aber ein ordentlich tiefes Brett spielen. So soll es sein – dummes Gegniedel und überflüssige Soli finden nicht statt.

Im Mittelpunkt steht natürlich Liela Moss. Moss sieht nicht nur gut aus, sie hat auch Stimme. Am Dienstagabend tritt sie in Schwarz mit einem Glitzerkleid auf, das hervorragend mit der über dem Publikum schwebenden Diskokugel korrespondiert. Dazu stellt sie den Fuß gern auf die Monitorbox und hält die Arme nach oben. Moss macht Rockposen. Das ist das Richtige für ein Rockpublikum im klassischen Sinne, obwohl sich die Frage stellt, ob es das heutzutage überhaupt noch gibt. Für das Publikum im Lido war es gerade genug. Mehr von diesen Posen, und man hätte sich an Bonnie Tyler erinnern müssen.

So machte man bessere, aber auch nicht besonders originelle Vergleiche und erinnerte sich an die Primitives, Transvision Vamp, an Blondie oder Kim Wilde. An Rockmusik in gut mit Frauenstimme. Die Musik von The Duke Spirit hat sich vom Debüt „Cuts Across the Lands“ bis zum 2008 erschienenen „Neptune“ nicht wesentlich verändert. Sie ist breiter geworden, weniger böse, weniger abgehackt. Was The Duke Spirit eindeutig fehlt, bei allen guten Ideen, bei der perfekten Optik und dem perfekten dreckigen Sound, der viel von Noise und Grunge weiß, ist die alles überragende Songidee. Die einschlagende Melodie. „Dark Is Light Enough“ ist eine sehr gute Ausnahme; der große Hit, den man natürlich nicht verlangen sollte, wenn das musikalische Konzept ansonsten eigen genug ist, fehlt der Band allerdings noch. Zum Durchbruch.

Ihre kleine Deutschlandtour führt die Band aus London übrigens noch über Köln (das sie auf ihrer Webseite nach Rheinland-Pfalz verorten) und Frankfurt nach Kaiserslautern. Das ist auch so ein Aufstiegskandidat. Wer zufällig da ist, sollte hingehen.

RENÉ HAMANN