Der schöne Schein von Hoolywood

Nach der Insolvenz verschwand der BFC Dynamo zwei Jahre lang in der Versenkung, jetzt ist der Aufstieg in die Oberliga geschafft. Die Fans gerieten als Hooligans in Verruf. Präsident Peters stellt den Verein nun als Kiezclub von nebenan dar

Der 11. November 2001 war ein Tag, der die Fußballwelt der Hauptstadt gespalten hat. Es war der Tag, an dem der Berliner Fußballclub Dynamo Insolvenz beantragt hat. Mit dem daraus resultierenden Abstieg in die nur noch fünfthöchste Liga, die Berliner Verbandsliga, haben nicht wenige die Hoffnung verbunden, der Verein möge nie mehr aus diesen Niederungen auftauchen.

Die eingeschworene Fangemeinde hingegen rückte noch mehr zusammen. Um die 500 Zuschauer kamen beinahe jedes mal, wenn der BFC ein Heimspiel austrug. Am Samstag waren es mehr als 1.000. Sie waren zum Feiern gekommen. Denn die Dynamos haben den Aufstieg in die Oberliga geschafft. Nachdem die Mannschaft in der Rückrunde einen nie da gewesenen Rekord aufgestellt und alle 17 Spiele gewonnen hat, durften sie sich als Berliner Meister feiern lassen.

Doch lässt man die Fans außen vor, dürfte sich die Begeisterung in Grenzen halten. Denn nach wie vor machen sich die Gastgebervereine Sorgen, wenn sich der BFC samt Anhang ankündigt. In den zwei Verbandsligajahren gab es zwar kaum Auseinandersetzungen mit gegnerischen Fangruppen, doch der Ruf der BFC-Anhänger ist nicht der beste. Der Hooliganismus in der Dynamo-Gemeinde hat immer noch Kultstatus. Er äußert sich jedoch selten in Gewaltexzessen, eher im Styling der Fans.

Am Samstag zeigten sich nicht wenige Zuschauer in schwarzen Sweatshirts mit der Aufschrift „Kategorie C“ – ein Ausdruck, mit dem die gewalttätigen Fans von der Polizei bezeichnet werden. Solche Klamotten werden im Stadionbereich von einem Werbepartner des Clubs mit Namen Hoolywood feilgeboten. Das Schlägerimage wird gepflegt, auch ohne dass die Fäuste fliegen. Es bleibt zu hoffen, dass die BFCler auch in der Oberliga nur stylisch Hooligans bleiben.

Der Nordostdeutsche Fußballverband scheint jedenfalls seine Sorgen zu haben. Zu den Auswärtsspielen der kommenden Saison muss der BFC eigene Ordner mitbringen. Dynamo-Präsident Mike Peters hofft, dass in der höheren Liga die Schläger nicht kommen, die in der letzten Saison „auch nicht gekommen“ seien. Der junge Mann, der vor zwei Jahren als 30-Jähriger ins Präsidentenamt rutschte, nachdem der Verein kurzzeitig von Hells-Angels-Rockern geführt worden war, präsentierte vor dem letzten Heimspiel am Samstag seine Sicht der Dinge und stellte den Verein als vitalen Kiezclub dar. Mit einem Etat von 130.000 Euro will er die anstehende Oberligasaison meistern. Das Geld soll vermehrt von Sponsoren kommen, die nicht direkt aus dem Umfeld des Vereins stammen. Bisher sponsern vor allem Kleinbetriebe, deren Chefs sich selbst als BFCler bezeichnen.

Jetzt will Dynamo wieder wahrgenommen werden. Mit Infoständen auf Kiezfesten und Freizeitsportveranstaltungen muss, so Peters, erreicht werden, „dass die Leute sagen, hey, euch gibt es ja noch“. Zur Imagepflege trägt auch ein so genanntes Kitaprojekt des Vereins bei. Über dreihundert Kinder aus Einrichtungen in den nordöstlichen Stadtteilen Berlins nehmen schon an einem Programm teil, bei dem Spieler und Trainer mit Drei- bis Sechsjährigen Bewegungs- und Ballspiele einüben. Der BFC, der gute Club von nebenan? Eigentlich sollte also alles in Ordnung sein in der Vereinsführung. Doch weit gefehlt.

Am 10. Juni steht bei einer Mitgliederversammlung die Neuwahl des Präsidiums an. Die Wiederwahl von Peters ist alles andere als sicher. Dieter Burghause, der dem Wirtschaftsrat des Vereins vorsteht, will an die Spitze. Er wird von den Fans unterstützt, die mit ihren Spenden das Überleben des BFC erst ermöglicht haben.

Der Club bietet den Gläubigern zum Abschluss des Insolvenzverfahrens eine Tilgung von 0,25 Prozent der Schulden in Höhe von 2,2 Millionen Euro an. Das Geld wurde allein von den Fans gesammelt. Und die wollen jetzt das Sagen im Verein haben. Schon jetzt bestimmen sie einen Teil des Vereinslebens. Noch-Präsi Peters spricht sogar von einer regelrechten Anarchie. Die Peters-Anhänger wollen den Konsolidierungskurs fortsetzen, Burghause-Fans mit möglichst viel Geld weiter aufsteigen.

All das konnte die Freude über den Aufstieg am Samstag jedoch nicht trüben. Auch das letzte Spiel gewannen die Männer in Weinrot. 3:0 schlugen sie Hertha 03 Zehlendorf. Auf den Rängen wurde diskutiert und gelacht. Denn am Ende gab es doch eine Niederlage für die erste Mannschaft. In einem Gaudimatch gegen die Gewinner des Fantuniers verloren die Aufsteiger 3:8. Der Name der Fantruppe: Hoolywood. ANDREAS RÜTTENAUER