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Archiv-Artikel

Fischer bedrohen die Meere

Sachverständige verlangen Änderung der EU-Subventionspolitik bei Fischerei und Landwirtschaft. Staatssekretär ist für kleinere Fangquoten und weniger Stickstoff

Hamburg taz ■ Der Fischfang in Nord- und Ostsee muss reduziert und naturverträglicher gestaltet werden. Dies und eine weitere Verringerung der Nährstoffeinträge in beide Meere hat gestern der parlamentarische Staatssekretär im Verbraucherministerium, Gerald Thalheim (SPD), gefordert. „Unsere Fischbestände sind in Not“, sagte Thalheim. Ihr Zusammenbruch zöge den Verlust vieler tausender Arbeitsplätze in Deutschland nach sich, warnte er zur Eröffnung eines Meeresumwelt-Symposiums, das heute in Hamburg zu Ende geht. Bei der vom Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie organisierten Tagung verlangte Thalheim eine Verringerung der Stickstoffeinträge in die Meere. 65 Prozent davon stammten aus der Landwirtschaft.

Thalheims Forderungen werden durch ein Sondergutachten des Sachverständigenrates für Umweltfragen (SRU) der Bundesregierung unterstützt, dessen Zusammenfassung der SRU-Vorsitzende Hans-Joachim Koch auf dem Symposium vortrug. Der Rat plädiert für eine Straffung der Zuständigkeiten für den Meeresumweltschutz. Die Anrainerländer von Nord- und Ostsee sollten ein „integriertes Bewirtschaftungsregime“ mit Qualitätszielen schaffen. Um die Meere zu schonen, müsse die EU ihre Landwirtschaftspolitik ändern.

Die Fischerei ist nach Ansicht des SRU „zu einer wirklichen Bedrohung von Nord- und Ostsee geworden“. Die empfohlenen Fangquoten würden politisch ignoriert. Die EU müsse ihre Subventionspolitik auf den Abbau von Überkapazitäten umstellen.

Als neue Gefahr identifizierte der Rat organische Stoffe, die sich in Organismen anreichern (PBT) oder die hormonell wirken. Das Chemikalienrecht müsse an dieses Problem angepasst werden. Die EU müsse eine extensive statt einer intensiven Landwirtschaft fördern.

Auf diese Weise ließen sich auch die Stickstoffeinträge in die Meere verringern. Im Gegensatz zum Phosphor seien die Reduktionsziele beim Stickstoff „nicht ansatzweise erreicht worden“. Die Bundesregierung habe mit ihrer Ernährungs- und Landwirtschaftspolitik die richtige Richtung eingeschlagen.

Koch zeigte sich entsetzt über die überproportionalen Schadstoffeinträge aus dem Schiffsverkehr. Schiffsführer verklappten „in erstaunlichen hohem Maß“ Treibstoffrückstände und andere Abfälle. Die Benutzung des gängigen Schiffstreibstoffes sei „Abfallentsorgung auf See“, die Küstenregionen viel stärker belaste als der Landverkehr.

Um mit den vielfältigen Nutzungsansprüchen zu Rande zu kommen, fordert der Rat eine Raumordnung auf See. Derzeit sei „die Seeanlagen-Verordnung schwächer ausgeprägt als das Gaststättenrecht“, monierte Koch. Gernot Knödler