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Archiv-Artikel

Alle Konjunkturdaten im roten Bereich

Das Bruttoinlandsprodukt hat sich 2008 bereits halbiert. Nur der Staat sorgt noch für positive Effekte

FRANKFURT/WIESBADEN dpa/ap/afp ■ Deutschland steht vor der schwersten Rezession seit Gründung der Bundesrepublik. Im vierten Quartal 2008 schrumpfte das Bruttoinlandsprodukt (BIP) nach ersten vorläufigen Schätzungen des Statistischen Bundesamts um 1,5 bis 2,0 Prozent gegenüber dem vorangegangenen Quartal, sagte Statistiker Norbert Räth am Mittwoch in Frankfurt. Damit habe sich die negative Entwicklung zum Jahresende beschleunigt. Für das Gesamtjahr bedeutet das real ein Plus von 1,3 Prozent, nahezu eine Halbierung gegenüber 2007.

Nach den jüngsten Meldungen von starken Rückgängen etwa in der deutschen Industrieproduktion oder im Export berichtete am Mittwoch auch der Maschinenbau von massiven Einbrüchen. Demnach war der Auftragseingang im November um 30 Prozent gesunken. Die inflationsbereinigte Nachfrage aus dem Inland sank im Vergleich zum Vorjahresmonat um 32 Prozent, die Auslandsnachfrage gab um 29 Prozent nach. Noch nie hätten die Aufträge aus beiden Bereichen gleichzeitig in dieser Größenordnung nachgegeben, sagte VDMA-Chefvolkswirt Ralph Wiechers.

Dass die deutsche Wirtschaft 2008 trotz der Konjunkturkrise überhaupt noch wuchs, ist auf das gute erste Quartal zurückzuführen, als das BIP nach früheren Zahlen real um 1,5 Prozent gegenüber dem Zeitraum von Oktober bis Dezember 2007 zulegte. Wachstumstreiber waren 2008 die Bruttoinvestitionen und der Staatskonsum. Allerdings errechneten die Statistiker etwa bei Maschinen, Geräten und Fahrzeugen bereits eine nachlassende Dynamik. Die positiven Effekte des Konsums kamen allein vom Staat, der seine Ausgaben gegenüber dem Vorjahr um 2,2 Prozent erhöhte. Die privaten Konsumausgaben lagen preisbereinigt nur auf Vorjahresniveau.

Das Defizit des Staates betrug rund 1,59 Milliarden Euro oder minus 0,1 Prozent des BIP. 2007 hatte das Minus bei 0,2 Prozent gelegen. Damit erfüllte Deutschland wie 2006 und 2007 das Maastricht-Kriterium, das ein Minus von maximal 3,0 Prozent des BIP erlaubt. 2009 steht Deutschland allerdings wegen der Auswirkungen der Wirtschaftskrise und der Kosten der Konjunkturpakete vor einer Schuldenexplosion. Allein der Bund steuert auf eine Rekordneuverschuldung von mehr als 40 Milliarden Euro zu. Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) rechnet mit einem Haushaltsdefizit von mehr als vier Prozent des BIP.

Der miserable Jahresausklang 2008 ist für die Konjunktur in diesem Jahr eine schwere Hypothek. Sie startet laut Schätzungen des Bundesamtes mit einem statistischen Unterhang von minus 1,5 Prozent. Dies bedeutet, dass das BIP 2009 selbst dann um 1,5 Prozent unter dem Vorjahr liegen dürfte, wenn die Wirtschaftsleistung im Gesamtjahr stagnieren sollte.

Konjunkturforscher rechnen aber kaum damit. Im Euroraum werde sich die Wirtschaft nach dem jüngsten Jahresbericht der OECD frühestens Mitte 2010 erholen.