: Allzeit bereit: Junge Pioniere im Umweltschutz
Immer mehr Jugendliche entdecken das Freiwillige Ökologische Jahr. Der ehrenamtliche Dienst soll nicht als Hilfstätigkeit, sondern auch als ein Bildungsangebot betrachtet werden. Das Land Nordrhein-Westfalen will jetzt noch mehr Plätze anbieten, auf drei Bewerber kommt eine Stelle
VON SALVIO INCORVAIA
Sie bauen Amphibienzäune, legen Frühbeete an, fertigen Nistmöglichkeiten für Störche. Einige betreuen Umweltmärkte, führen Tierzählungen durch oder schuften auf Öko-Bauernhöfen. Der Alltag für Jugendliche im Freiwilligen Ökologischen Jahr (FÖJ) fällt sehr unterschiedlich aus.
“Unsere FÖJ-ler sind alle sehr motiviert. Viele Jugendliche kommen später bei der Ausbildungsplatzsuche bei den städtischen Betrieben unter, in denen sie zuvor ihr freiwilliges Ökojahr absolviert haben“, sagt Matthias Stertzenbach, Gärtnermeister und FÖJ-Betreuer in Essen. Der Ansprechpartner für die FÖJ-Jugendlichen setzt bei seiner Arbeit auf Praxis und Lehre. Das FÖJ soll auch als ein einzigartiges Bildungsangebot betrachtet werden. Die Jugendlichen arbeiten für die Umwelt, aber zugleich werden ihnen in Lehrgängen auch ökologische Zusammenhänge vermittelt.
Bewerbungshürden und Einschränkungen für Interessierte an diesem Ökodienst gibt es nur wenige: Wer die Vollzeitschulpflicht von acht Jahren erfüllt hat, jünger als 27 Jahre ist und zwölf bis 18 Monate für das FÖJ zur Verfügung sehen möchte, kann sich bei den beiden Landschaftsverbänden in NRW bewerben. Der Wegfall der bisherigen Altersgrenze zugunsten der absolvierten Vollzeitschulpflicht macht dieses Bildungsjahr nun auch für Hauptschüler als Überbrückungsjahr vor der Berufsausbildung zugänglich. Dabei erfreut sich das Dienstjahr einer immer wachsenderen Beliebtheit. “Das FÖJ wird von immer mehr Jugendlichen als Überbrückungs- und Bildungsjahr entdeckt“, sagt Detlef Rigol vom Landschaftsverband Westfalen-Lippe.
In diesem Jahr werden 75 Plätze im Raum Westfalen-Lippe zu Verfügung gestellt. Der Verband versucht von Jahr zu Jahr die Zahl seiner zu vermittelnden Stellen aufzustocken. Erstmalig können Jugendliche aus Westfalen-Lippe jetzt auch das FÖJ im Ausland verrichten: Zwei Plätze für Freiwillige aus NRW stehen in Polen zur Verfügung. Mittlerweile haben 350 bis 400 Jugendliche seit Einführung 1995 ein Ökojahr beim Landschaftsverband Westfalen-Lippe absolviert.
Im Unterschied zu anderen Freiwilligendiensten steht das FÖJ auf einer gesetzlichen Grundlage und wird durch den Bund gefördert. Das bedeutet: Die Jugendlichen gehen mit den Trägern ein ordentliches Arbeitsverhältnis ein. Der Versicherungsschutz ist gewährleistet und für eine pädagogische Betreuung wird ebenso gesorgt. Alle Freiwilligen erhalten eine Unterkunft, Verpflegung und Taschengeld. Jugendlichen in NRW können dabei bis zu 153 Euro Taschengeld verdienen.
Auch anerkannte Kriegsdienstverweigerer dürfen seit dem 1. August 2002 anstelle des Zivildienstes auch das Ökojahr absolvieren. Dieser Dienst muss jedoch spätestens ein Jahr vor dem 25. Lebensjahr angetreten werden. Der Nachteil: Die Verweigerer erhalten die gleiche Bezahlung wie andere FÖJ-ler. Die Soldmaßstäbe für Zivildienstleistende gelten im FÖJ jedoch nicht. Auch die Kriegsdienstverweigerer müssen mindestens zwölf Monate ökologischen Dienst ableisten und nicht die geltenden zehn, wie im gegenwärtigen Zivildienst.
Trotzdem hat ein Run auf das FÖJ eingesetzt: “Die Nachfrage übersteigt bei weitem unser Angebot. Es gibt drei mal soviel reguläre Bewerbungen wie freie Plätze. Vielfach höher sind dabei noch die unverbindlichen Nachfragen“, sagt Fachberaterin Susan Wagner vom Landschaftsverband Rheinland. Viele Interessierte ließen sich vom sehr ungünstigen Verhältnis zwischen Angebot und Nachfrage von einer Bewerbung abschrecken. Derzeit gebe es in ganz NRW rund 160 Plätze für das neue Ökojahr. Landesweit haben inzwischen mehr als 1.000 Jugendliche seit 1995 das freiwillige Jahr absolviert.
Der Umweltdienst bringt auch später Vorteile: Ein Studienplatz, der zu Beginn oder während des FÖJ zugewiesen wurde, kann einem Uni-Kandidaten bei erneuter Bewerbung oder nach Ende des Dienstes den Vorrang vor allen übrigen Kandidaten verschaffen. Der Grund: Der FÖJ-Dienst zählt als Studienwartezeit. Außerdem rechnen viele Universitäten und Fachhochschulen ihren Bewerberinnen und Bewerbern bei der Aufnahme entsprechender Studiengänge das FÖJ als Praktikum an.