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Archiv-Artikel

Nachhilfe zur Nachhaltigkeit

Umweltverbände: EU-Verfassung bietet bisher keinen Fortschritt im Umweltschutz

BERLIN taz ■ Status quo statt Schritt nach vorn: In puncto Umweltschutz ist der derzeit diskutierte Entwurf einer EU-Verfassung nach Ansicht der acht größten Umweltverbände in Europa wenig innovativ. Ohne Änderungen an dem von Konventspräsident Valéry Giscard d’Estaing vorgelegten Entwurf, befürchtet Martin Rocholl von Friends of the Earth, werde die EU-Verfassung zur Bremse beim Umweltschutz.

Staatliche Förderung und Beihilfen für umweltfreundlichere Techniken wären so schwierig durchzusetzen wie Ökosteuern: Laut Verfassungsentwurf gelten sie als unzulässiger Eingriff in den Binnenmarkt.

Nur mit Mühe, sagt BUND-Chefin Angelika Zahrnt, sei es den Verbänden gelungen, zumindest das bisher Erreichte in die neue EU-Verfassung zu retten – etwa die Vorgabe, alle Projekte auf ihre Umweltauswirkungen zu überprüfen. „Es gibt kaum noch Politiker, die sich offensiv für Umweltschutz in der EU einsetzen“, sagt Zahrnt. Giscard d’Estaing gehört nicht dazu.

In den Vorgaben für die Agrar-, Verkehrs-, Energie- und Handelspolitik der EU, für die der Konvent noch Änderungsvorschläge machen kann, ist von Nachhaltigkeit daher nur selten die Rede. Dem Entwurf zufolge soll etwa die „Steigerung der Produktivität“ weiterhin Ziel der EU-Agrarpolitik sein. Qualität statt Quantität fordern dagegen die Umweltverbände. Die EU müsse sich um eine nachhaltige Entwicklung des ländlichen Raumes und eine ökologisch verträgliche Landwirtschaft bemühen.

Sowohl in der Verkehrs- als auch in der Energiepolitik müssten externe Kosten wie Umweltverschmutzung und Gesundheitsschäden berücksichtigt werden, fordert Rocholl. Und statt sich um „mehr Konsum“, „mehr Produktion“ sowie den Abbau von Handels- und Investitionshindernissen zu bemühen, solle sich die EU lieber eine nachhaltige wirtschaftliche Entwicklung und die Bekämpfung von Armut zum Ziel setzen. Handel, Konsum und Produktion seien schließlich „kein Wert an sich“.

Alle Vorschläge der Umweltverbände sind inzwischen von Konventsmitgliedern eingereicht worden. Ob Giscard d’Estaing und sein Präsidium sie aufnehmen, ist offen. ARMIN SIMON