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Gröpelinger fordern Wohlwollen

Die Gröpelinger sind ein streitfreudiges Volk: Gegen Bausenator Eckhoff, der auf einer Sanierungsabgabe besteht, wollen sie notfalls auch vor Gericht ziehen. Nicht Bremen habe ihr Geld verdient, sondern – wenn überhaupt – Brüssel

bremen taz ■ Der Streit um die Sanierungsabgabe für Gröpelinger Hausbesitzer geht weiter. Der Stadteilbeirat hat sich vergangene Woche ein weiteres Mal hinter die Initiative „Bürger im Sanierungsgebiet“ gestellt.

Hintergrund des Streits ist, dass Gröpelinger Hausbesitzer dafür zahlen sollen, dass ihr Stadtteil saniert wurde. Denn, so die Argumentation des Bauressorts, die Grundstücke hätten durch die Sanierung an Wert gewonnen – den sollen die solcherart reicher gewordenen Hausbesitzer nachzahlen. Die Höhe des Wertzuwachses muss jeweils im Einzelfall bestimmt werden. Für den Fall, dass der damit verbundene Verwaltungsaufwand die erwarteten Einnahmen übersteigt, kann das Bauressort allerdings auf die Abgabe verzichten. Die Gröpelinger verlangen nun, dass der zuständige Gutachterausschuss aus Mitarbeitern der Geoinformation (früher Katasteramt) und privaten Maklern die Wertsteigerung detailliert ausweist. Ihr Kalkül: Diese Steigerung werde sich als so gering erweisen, dass das Ressort einräumen muss, dass sich der Verwaltungsaufwand nicht lohnen würde – und verzichtet. Die Senatskanzlei hatte bereits im Januar die Detailauskunft schriftlich zugesagt.

Pikant wird der Konflikt durch den Umstand, dass im Brief der Senatskanzlei ursprünglich von „geringfügigen sanierungsbedingten Wertsteigerungen“ die Rede war. In einem späteren Schreiben heißt es jedoch, dass durch einen „Bürofehler“ ein vorangestelltes „mehr als“ unter den Tisch gefallen sei. Günter Reichert von der Gröpelinger Bürgerinitiative vermutet daher, dass die Arbeit des Gutachterausschusses weniger von sachlichen als von politischen Erwägungen beeinflusst werde. Er beklagt weiterhin, dass Hausbesitzer in Walle, wo eine ähnliche Stadtteilsanierung stattfand, von einer Abgabe verschont wurden. Günter Reichert: „Das ist eine klare Ungleichbehandlung. Es kann nicht sein, dass die Gröpelinger jetzt bestraft werden, dass sie in diesem Problemstadtteil geblieben sind. Wir erwarten eine wohlwollende Prüfung seitens der Gutachter.“

Für den Fall, dass Bausenator Jens Eckhoff (CDU) seine Forderung nach einer Abgabe aufrecht erhält, hat die Bürgerinitiative bereits angekündigt, vor Gericht zu ziehen. Sie stützt sich dabei darauf, dass in Gröpelingen Fördergelder der EU verbaut worden sind. Günter Reichert argumentiert: „Ich glaube kaum, dass Bremen einen Anspruch auf Ausgleich für eine Leistung erheben kann, die es selbst nicht erbracht hat.“ In diesem Zusammenhang hatten die Gröpelinger bereits 2002 ein Rechtsgutachten beim Bauamt beantragt, das aber bis heute nicht vorliegt.

Der Stadtteilbeirat hat jetzt für den 16. Juni eine Sondersitzung zum Thema Sanierungsabgabe anberaumt und Vertreter der Baubehörde sowie des Gutachterausschusses geladen. Die Bürgerinitiative hat auch geladen: nämlich jede Menge interessierte Gröpelinger. Sie sollen, wenn‘s nach Reichert und Co. ginge, sämtlich T-Shirts tragen, auf denen steht: „Gröpelingen wehrt sich: gegen Willkür und Sanierungsabgabe“.

Axel Domeyer

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