Airbus-Werke unter neuen Fittichen

Da fällt sogar Ministerpräsident Wulff „ein Stein vom Herzen“: Premium Aerotec übernimmt die Flugzeug-Fabriken in Varel und Nordenham und wird dadurch zum weltweit zweitgrößten Zulieferer für die Luftfahrtindustrie

Die ehemaligen Airbus-Werke Varel und Nordenham sind am Montag offiziell von der Firma Premium Aerotec übernommen worden. Der Tochter des Airbus-Mutterkonzerns EADS gehört außerdem das Airbus-Werk in Augsburg. Sie wurde gegründet, weil Airbus keinen geeigneten Käufer für die drei Werke gefunden hatte. Jetzt hofft EADS, dass sich Premium Aerotec bis 2011 zu einem attraktiven Investitionsobjekt gemausert haben wird.

In den drei Fabriken werden Teile von Flugzeugrümpfen bis hin zu ganzen Sektionen gebaut und Fertigungsmittel für die Flugzeugherstellung produziert. Airbus hat sie im Rahmen seines Sparprogramms „Power 08“ verkauft. Das Programm soll es dem Flugzeugbauer ermöglichen, bis 2010 rund 10.000 Stellen abzubauen und jährlich 2,1 Milliarden Euro zu sparen. Power 08 war aus Airbus-Sicht nötig geworden, nachdem sich die Auslieferung des Riesen-Airbus A 380 stark verzögert hatte – was mit großen Verlusten verbunden war.

Bei der Übergabe des Werks in Nordenham sagte Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff (CDU): „Uns fällt ein Stein vom Herzen.“ Viele tausende Arbeitsplätze hätten gesichert werden können. Tatsächlich hatten sich das Airbus-Management, der Betriebsrat und die IG Metall darauf geeinigt, dass keiner der rund 6.000 Beschäftigten vor Ende 2013 betriebsbedingt gekündigt werden darf. Bis Ende 2011 darf der neue Zulieferer nicht verkauft werden.

Vertreter der Arbeitnehmer gaben sich zur Feier kämpferisch: Jetzt gehe es darum, die 6.000 Arbeitsplätze langfristig zu sichern, sagte Jutta Blankau von der IG Metall Küste. „Wenn das Management von EADS/Airbus uns lässt, bieten sich gute Chancen auf dem Weltmarkt“, vermutet Thomas Busch vom Premium-Gesamtbetriebsrat.

Um Premiums Startchancen zu verbessern, gab EADS der neuen Tochter eine Mitgift von 500 Millionen Euro. 350 Millionen davon sollen den Bau von vier Fertigungshallen für den Langstreckenairbus A 350 in Augsburg und Nordenham fließen. Auch die Länder helfen Premium auf die Sprünge: Niedersachsen unterstützt die Standorte im Land mit 80 Millionen Euro, Bayern gibt 53 Millionen.

Mit den bestehenden Serienprogrammen von Airbus und Eurofighter sei die Auslastung der drei Werke für die nächsten dreieinhalb Jahre gesichert, sagte Premium-Chef Hans Lonsinger. Sind die neuen Hallen fertig, wird Premium den größten Teil des A 350-Rumpfs herstellen.

Wie Premium-Sprecher Manfred Knappe bestätigte, spielt Lonsinger auch mit dem Gedanken, auf längere Sicht eigene Produktionskapazitäten für Zulieferteile in Rumänien aufzubauen oder sich mehr aus dem Billiglohnland liefern zu lassen. Vorteil der Selbständigkeit sei eine größere Flexibilität, so Knappe. Seine Firma werde versuchen, ihr Know-How nicht nur bei Airbus und Boeing an den Mann zu bringen sondern auch außerhalb der Luftfahrt. In Frage komme zum Beispiel die Windenergiebranche. GERNOT KNÖDLER